Stadt für alle – Wenn Designer*innen gesellschaftlich aktiv werden
„Gestaltete Objekte, Räume und Umwelten bedingen das Verhalten von Menschen –
und damit auch die Gesellschaft, die von diesen Menschen gebildet wird.“ Das sagt Friedrich von Borries, ein Designtheoretiker aus Hamburg.
Gesellschaft heißt, so ungefähr, eine Ansammlung von Menschen, die mehr oder weniger
zusammen leben und arbeiten. Und kommunizieren! Ohne das Kommunizieren funktioniert das gemeinsame Leben und Arbeiten nicht. Kommunikation heißt, dass man sich irgendwelche Zeichen macht und hofft, dass die andere Person die Zeichen versteht.
Meistens klappt das auch, weil wir Menschen das schon recht lange machen, und wir
haben Sachen wie Erziehung, Schulbildung, Lexika und SMS erfunden. So können wir uns
immer wieder zeigen, wie das mit dem Kommunizieren funktioniert. Wir reden, schreiben
und gestikulieren, und … wir zeichnen, bauen und gestalten Dinge, und zeigen uns dabei
die ganze Zeit, dass wir irgend etwas meinen, wollen oder denken.
So entsteht die Gesellschaft: Sie wird – kommunikativ – von uns gebildet und gestaltet. Und wir von ihr.
Auch die Stadt ist ein gestaltetes Objekt, entwickelt von den Menschen, die in ihr wohnen.
2018 hat der Designer Sebastian Schnellbögl das Festival „Stadt für alle“ geplant und ins Leben gerufen.
„Also ich find‘ das ganz Klasse, vor allem, weil sich die Organisatoren mit dem ganzen Fest
sehr eigenständig positionieren: Und weil man den Eindruck hat, dass die nicht
irgendwo einer gewissen Riege angehören. Sondern dass das einfach Leute sind, die aktiv
sind und die auf Themen aufmerksam machen wollen, die Leuten Möglichkeiten bieten wollen, Aktionen zu machen. Und die auch einfach Menschen zusammenbringen wollen, so ein bisschen netzwerkartig arbeiten. Damit die, die was machen, aufeinander aufmerksam werden.“ (Jürgen Kufner, Architekt und Sozialwissenschaftler aus München, arbeitet u.a. über „Strategisches Verhalten in Stadtplanungsprozessen“)„… inspiriert hat uns die Design Week in Wien, dort waren wir zusammen. Und dort setzte man sich viel damit auseinander, wie Design gesellschaftliche Verantwortung übernehmen kann. Aus diesem Impuls heraus ist dann eigentlich die Idee entstanden: Wie können wir gesellschaftlich was bewegen, als Designer? Wie können wir unsere Skills nutzen, um dort was zu bewegen? Und das Endprodukt ist dann „Stadt für alle“. …
Ich hab‘ zwei Semester Verbale Kommunikation studiert und hab damals ’ne Reportage
gemacht über Fahrradverkehr in Nürnberg, zusammen mit Julian Reichel, wo wir uns
damit auseinandergesetzt haben, wie unser Weg von der Ohm in die Stadt ist und wie viele
Verkehrsregeln wir eigentlich brechen müssen, um halbwegs vernünftig Fahrrad fahren zu können. Und dann haben wir versucht, das in einen groß-gesellschaftlichen Kontext zu setzen, mit Leuten zu reden, die auf der Critical Mass mitfahren, mit Leuten, die in der
Stadtverwaltung sitzen. Und das war super spannend, da mal so ’nen Einblick zu
gewinnen. …Der Hintergrund aller Teammitglieder ist natürlich, dass wir alle Raum- und Eventdesign studiert haben, auch wenn’s in unterschiedlichen Semestern war. Und da haben wir auch schon zusammengearbeitet, haben unterschiedliche Projekte umgesetzt, wenn auch im kleineren Rahmen. Und diese konkreten Projekte haben auf jeden Fall dazu geführt, dass wir alle das Gefühl hatten, wir können jetzt irgendwie dann den nächsten Schritt gehen, mit dem, was wir gelernt haben. …
Also aus meiner persönlichen Sicht ist das so gelaufen, dass ich ein Auslandssemester gemacht hab‘, in Aberdeen. Und da hab ich an ’nem interdisziplinären Projekt teilgenommen, wo Missstände im urbanen Raum identifiziert wurden und Lösungskonzepte dafür entwickelt wurden. Und unser Missstand war der Leerstand, der in Aberdeen relativ groß ist. Und unsere Lösung dafür war das Konzept einer Agentur, die Leerstand identifiziert und gemeinsam mit Leuten aus dem kulturellen Bereich Zwischennutzungskonzepte entwickelt, mit dem Ziel, langfristig den Leerstand zu beseitigen. …
Als ich dann zurückgekommen bin nach Nürnberg, bin ich dann ins Urban Lab gestolpert
sozusagen, über Freunde. Das Urban Lab macht partizipative Stadtentwicklung, und
entwickelt gerade ein Gemeinschaftsgartenprojekt im Nordgarten im Z-Bau, und da hab
ich mich dann letztes Jahr sehr engagiert, und da hab ich dann auch die Leute gefunden,
die mit mir zusammen jetzt das Festival machen.“ (Sebastian Schnellbögl, Designer, Projektleiter und Veranstalter („Stadt für alle“))
Walser, Franz: Stadt für alle – Wenn Designer*innen gesellschaftlich aktiv werden. Ein Feature. Nach Interviews mit Sebastian Schnellbögl, Designer, Projektleiter und Veranstalter („Stadt für alle“), und Jürgen Kufner, Architekt und Sozialwissenschaftler. Gesprochen von Lisa Neher und Felix Abel. Sommersemester 2018 v. 3. August 2018 (= „Tell me about that …“ Creativity, Design and Media, Language and Writing. Verbale Kommunikation in der Praxis. Ein Podcast-Projekt; Nr. 053). – Dauer: 15:00 Min. – Quelle: https://d.th-nuernberg.de/vk/portfolio/design-und-gesellschaft-stadt-fuer-alle/