Das Elend mit der Musik. Sprache, Gefühle und Melodien – am Beispiel trauriger Songs
Musik ist allgegenwärtig, sie rieselt morgens aus dem Radio, pocht im Bus aus unseren Kopfhörern und dröhnt nachts aus den schwarzen Boxen im Club.
Sie kann leise sein, sie kann laut sein. Sie kann uns aufheitern, sie kann uns zum Tanzen bringen, aber sie macht uns auch wütend, lässt uns weinen, uns schreien, und kann mit einer Textzeile unseren ganzen Schmerz in Worte fassen.
„Fühlte ich mich elend, weil ich Popmusik hörte, oder hörte ich Popmusik, weil ich mich elend fühlte?“ Ein Zitat aus dem bekannten Pop-Roman von Nick Hornby „High Fidelity“. Die wichtigste Figur des Buches fragt sich, wie denn unsere Gefühle mit Musik zusammenhängen.
„Musik kann man ja nicht sehen und nicht anfassen. Das findet auf einer anderen Ebene statt als Kunst, als Literatur. Es ist viel weniger im Erleben an etwas haptisches gekoppelt. Man hatte das Gefühl man taucht da in eine Welt ab, die man eigentlich nicht direkt sehen kann. Aber man hat irgendwas gesehen und hat irgendwas empfunden und das fand ich so eine unfassbare Erfahrung, wenn ich das richtig erinnere. Das hat mich total begeistert.” (Hendrik Otremba, Schriftsteller und Sänger der Post-Punk Band „Messer“)
„Es ist sicherlich so der Antrieb, durch dem ich funktioniere. Das habe ich schon festgestellt. Wenn ich extrem glücklich bin, dann habe ich nicht das Bedürfnis, kreativ zu sein. Also es ist nicht so eine Traurigkeit. Das fände ich auch problematisch, weil das ja auch irgendwie bedeuten würde, dass ich dafür Sorge tragen müsste, dass mein Leben traurig ist, dass ich funktionieren kann.“ (Fabian Altstötter, Künstler und Musiker)
„Deshalb würde ich sagen, vielleicht ist für mein Schaffen auch das irgendwie notwendig dass da was kommt. Was ja irgendwie auch eine traurige Erkenntnis ist. Ich als Künstler kann das machen, was ich mache weil alles so beschissen ist – um es mal so stumpf zu formulieren.” (Hendrik Otremba, Schriftsteller und Sänger der Post-Punk Band „Messer“)
„Man kann sich klar als Komponist als Komponistin Gedanken machen sozusagen, wie das ankommen soll. Das klappt dann vielleicht auch teilweise, aber ein großer Bereich ist dann noch in der Person oder in der Situation verhaftet.“ (Dr. Matts Küssner, Musikpsychologe)
„Also was damals so ganz groß war, waren so die frühen ABBA oder Sweet oder so. Da hab ich keine kritische Distanz zu. Das ist so als ob mir jemand ganz viel Marzipan in den Mund steckt, wenn das kommt.“ (Prof. Dr. Moritz Baßler, Literaturwissenschaftler und Mitherausgeber der Zeitschrift POP.Kultur und Kritik)
„Und ich denke daran, kann man so schön festmachen und so schmerzhaft festmachen, aber auch so fröhlich festmachen, wie toll es ist dass es so was gibt wie Songtexte oder Gedichte. Weil ich das Gefühl hab keine Therapie, also nichts anderes, könnte sozusagen diese Form der Auseinandersetzung irgendwie hervorbringen, die so unsagbar intensiv ist und so was Schönes hervorbringt, wie dieser Songtext zum Beispiel.“ (Hendrik Otremba, Schriftsteller und Sänger der Post-Punk Band „Messer“)
Carlucci, Aurora/ Fllonza Durguti/ Carolin Wabra: Das Elend mit der Musik. Gefühle und Melodien – am Beispiel trauriger Songs. Ein Audio-Feature. Nach Interviews mit Fabian Altstötter, Künstler und Musiker, Moritz Baßler, Professor für Neue Deutsche Literatur an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster und Mitherausgeber der Zeitschrift POP. Kultur und Kritik, Matts Küssner, Musikpsychologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Transkulturelle Musikwissenschaft der Humboldt Universität Berlin und Hendrik Otremba, Schriftsteller, Dozent für Kreatives Schreiben und Sänger der Post-Punk-Band „Messer“. Gesprochen von Julia Stillkerich und Fabian Scherzer. Wintersemester 2019/ 2020 v. 9. Februar 2020 (= „Tell me about that …“ Creativity, Design and Media, Language and Writing. Verbale Kommunikation in der Praxis. Ein Podcast-Projekt; Nr. 062). – Dauer: 15:00 Min. – Quelle: https://d.th-nuernberg.de/vk/portfolio/das-elend-mit-der-musik-sprache-gefuehle-und-melodien-am-beispiel-trauriger-songs/