CGI goes Otto Steinert
Vordergründig mag man den hier vorliegenden computergenerierten Bildern Anachronismus unterstellen. Zumal sie sich explizit auf einen ästhetischen Resonanzraum beziehen, der weit in die Geschichte der Fotografie zurückreicht. Die Rede ist von der »subjektiven fotografie«. Mit der Stilbezeichnung etikettierte deren Schöpfer Otto Steinert vor rund 60 Jahren all jene Bildfindungen, die sich weder einem Abbildungsdiktat des Dokumentarismus noch einem absoluten Gestaltungswillen beugen wollten. Vielmehr stand der Fotograf jener Nachkriegsära vor der selbst auferlegten Aufgabe, korrelativ zu denken, analytisch zu agieren und in einem bewussten kreativen Prozess bildschöpferisch zu sein. „Die Qualität des Gestaltungsaktes entscheidet dann letztlich über die Formung der Fotografie zum Bild.“ Wenngleich die Ästhetik der Subjektiven Fotografie bekanntlich nicht überdauerte, blieb Steinerts Stufenmodell folgenreich. Dabei zeigte sich erst im Rückblick, dass seiner Lehrprogrammatik und fotografischen Arbeit ein starker Wille zur Autonomie eigen war. Sein Denken und Schaffen eröffneten der Fotografie in Europa infolge eine freie, ja künstlerische Dimension.
Nun sind Studierende des Modulbereichs CGI der Fakultät Design der TH Nürnberg unter Leitung von Professor Hans-Michael Jostmeier der Einladung gefolgt, das ästhetische Spektrum der »subjektiven fotografie« für das bildgebende Verfahren der Computer Generated Images zu adaptieren. Dabei ist es den Studierenden weniger darum gegangen, auf spielerische Weise eine Stilistik zu rezitieren. Dieses Mal hat es angestanden, einen betont freien gestalterischen Handlungsraum auszunutzen, um der gegenwärtigen Ungelöstheit des lichtbasierten fotografischen Computerbildes auf die Schliche zu kommen. Steinerts damalige Prinzipien der Isolation, Solarisation und Inversion, die Beschränkung auf Schwarzweiß sowie der Verzicht auf Abstraktion und Dokumentum sind im Gestaltungsprozess lustvolle Leitlinien geblieben. Als zuträglich für das bewusste analytische Agieren hat sich zudem die zeitaufwändige Arbeit vor dem Bildschirm erwiesen. Das Setting der Aufgabe hat bei den Studierenden dann auch zu grundlegenden Fragen an das Bildresultat geführt, denen man auch in der Betrachtung nachspüren mag. Denn was hat sich hier etwa gegenüber der analogen Fotografie verändert? Was ist gleich geblieben? Und nicht zuletzt: Wohin haben sich diesmal die Spuren des Lichts verflüchtigt?
Prof. Dr. Schaden