Sampah – ein mehrfach ausgezeichneter Film eines Absolventen der Design Fakultät

Was passiert mit unserem Müll? Ab in den Mülleimer und alles ist gut? Frei nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn. Ein folgenschwerer Irrtum. Denn jährlich werden Millionen Tonnen Plastikmüll in Nicht-EU-Länder exportiert – zwei Drittel in die Türkei, nach Malaysia, Vietnam und Indonesien. Nicht selten landen diese Müllberge auf unkontrollierten Müllhalden vor den Toren der Großstädte wie Jakarta. Das Problem dieser Deponien ist, dass wild wuchernde Müllberge nie kleiner werden, sondern stetig wachsen. Entsorgt wird dabei alles, was den Menschen und die Umwelt schädigt – Restmüll, Biomüll, Plastik, Elektromüll und Dosen, aber auch gefährliche Chemikalien, Öle oder Medizinfläschchen.

Im Königreich des Abfalls

In ihrem Dokumentarfilm Sampah – The Kingdom of Bantar Gebang macht ein Nürnberger Filmteam um den Absolventen der Design Fakultät Pavel Tscherkovsky, der für die Postproduction zuständig war und dem Nürnberger und Produzenten des Films Michael Horschelt auf das riesige Müllproblem in Ländern wie Indonesien aufmerksam, das uns alle etwas angehen sollte. Denn der mit 17.000 Inseln größte Inselstaat der Welt wird häufig von Überschwemmungen betroffen, bei denen der (Plastik-)Müll in die Gewässer gespült wird und letztendlich über die Weltmeere wieder zu uns gelangt.

Leben am Ende der Wertschöpfungskette

Der Film wurde 2019 in einer der größten Müllhalden Südostasiens gedreht – in einem Ort namens Bantar Gebang, nahe der Hauptstadt Jakartas. 6000 sogenannte Waste-Picker, Müllsammler, leben und arbeiten rund um die Deponie und suchen täglich nach Überresten und Verwertbaren. Für sie stellt die Arbeit auf der Müllhalde die einzige Einkommensquelle dar. Kinder helfen ebenso mit wie die Erwachsenen – wenn sie nicht gerade in und mit den Abfällen spielen.

Gas kennt keine Grenzen

Sampah steht indonesisch für Müll und wird häufig noch vor Ort verbrannt, um an Draht oder Metall zu gelangen. Der dabei aufsteigende Rauch und die sehr giftigen Gase und Dämpfe können u. a. Tuberkulose und Atemwegserkrankungen auslösen. Auch Entwicklungsstörungen, Krebs, Unfruchtbarkeit und eine hohe Sterberate sind bei Müllsammlern keine Seltenheit. Mal abgesehen von den Folgen für das Weltklima.

Gleich mehrere Auszeichnungen

Drei Jahre arbeiteten Michael Horschelt, Regisseur Felix Marks, Pavel Tscherkovski und Florial Stenzel an dem Projekt. Finanziert wurde der Film unter anderem über die Crowdfunding-Plattform Startnext. Mehrmals stand das Projekt mit dem Titel Face your waste auf der Kippe und drohte in Vergessenheit zu geraten. Doch nun ist er fertig und stürmt ein Filmfestival nach dem anderen. Gleich mehrere renommierte Preise konnten sie abräumen. Vor kurzem standen sie als Preisträger des Münchner Better World Festivals des renommierten Regisseurs Detlev F. Neuferth fest und räumten beim Mannheimer Art and Movie Festivals in der Kategorie Gender equality rights and issues ab. In Brüssel schließlich wurde Regisseur Marks als bester Newcomer im Bereich Dokumentarfilm geehrt.

Grund für den Erfolg ist nicht nur die Aufdeckung eines unangenehmen Themas, das wir alle gerne verdrängen, und die schockierenden Bilder, sondern auch der Funken Hoffnung, den einige Menschen in den Deponien versprühen. Denn das Filmteam begleitet eine Frau, die ein Jugend- und Kulturzentrum betreibt, die die Deponie einst für ein anderes, besseres Leben verlassen hatte, zurückkehrte und den Menschen Halt und Zuversicht bietet.

Rosa Boenard heißt die Frau, die Sympathieträgerin und Schlüsselfigur des Films ist. Die Einnahmen des Films sollen in ihre Organisation fließen. Dazu wird eine Kinotour organisiert, die am 20. Dezember 2022 in Amsterdam beginnt und über Zürich und Paris auch nach Nürnberg führen soll. Sampah ist ein Film, der unter die Haut geht und einen Blick in eine Welt gewährt, die nur schwer zu begreifen ist. Dabei zeigen sie eine junge Frau, die unablässig für die Würde der Menschen von Bantar Gebang kämpft. Seit Jahren setzt sich Resa Boenard im Alleingang gegen die Vorurteile und Stigmata ein, mit denen Menschen konfrontiert werden, die am untersten Glied unserer Wertschöpfungskette leben. Letztendlich ist es ein Thema, dass auch uns etwas angehen sollte. Weitere Informationen und einen Trailer zum Film findet man unter www.bdv-ngo.de. Die Face your waste Crowdfunding Kampagne kann hier abgerufen werden: https://www.startnext.com/faceyourwaste


Text: Giuseppe Troiano
Lektorat: Luka Popp
Bilder: Michael Horschelt

13. Oktober 2022