Design-Studierende international – mal ein Auslandssemester in Korea

Anna Sofia Geissler an der Konkuk University in Seoul, Korea

Es war eine Premiere: Das erste Mal in der Geschichte der Oscarverleihung erhielt ein fremdsprachiger Film die begehrte Auszeichnung „Bester Film des Jahres“. Und es war ein Film aus Süd-Korea: „Parasite“. – Der World Design Guide spricht von einem „Design Boom in Korea“. – Culture trip schreibt: „Named World Design Capital in 2010, Seoul is made for style gurus“. – Die Pinakothek der Moderne in München zeigte eine große Design und Poster-Ausstellung im Corean Style. – Und das ad-Magazin erkannte „Ein Land im Stil-Frühling“.

Von August bis Dezember 2019 war Anna Sofia Geissler im Rahmen eines PROMOS-Stipendiums an der Konkuk University in Südkorea. Hier erzählt Sie von ihren Gründen, der Vorbereitung, einigen Erlebnissen und ihrem Studium in Ostasien

1. Warum Südkorea?

Gayo, K-Pop, oder Hallyu, die Koreanische Welle? – Zum ersten Mal wurde ich auf Korea aufmerksam, als ich mich während meiner Schulzeit mit Musikvideos auseinandersetzte. Was mich daran faszinierte, waren all die bunten und kreativen Eindrücke und auch die fremde Kultur. Und so begann ich mich immer mehr für das Land, die Sprache, den Lifestyle, für seine Filme und  Musik zu interessieren.

Später, im Studium, war ich mir sicher, dass ein Auslandssemester in Seoul, die perfekte Gelegenheit böte, um neue Inspiration für mein Studium zu sammeln, wo ich mich überwiegend mit Film und CGI beschäftigt habe.

Nach einiger Recherche und Gesprächen mit meinen koreanischen Freundinnen, die an der Konkuk University studieren, war ich mir sicher. Und nicht nur weil Südkorea und Seoul mit seinen rund 10 Millionen Einwohnern in Hinblick auf Geschichte, Kultur und Natur ganz sicher eine spannende Abwechslung ist zu Deutschland oder meiner Heimatstadt Nürnberg.

2. Vorbereitung

Meine Vorbereitungen für das Auslandssemester begannen fast ein Jahr vorher, bereits im Oktober 2018. Und zwar mit einem Beratungsgespräch im International Office der TH Nürnberg. Daraufhin bewarb ich mich im Januar darauf und reichte meine Unterlagen ein. Die bestanden aus 1.) einem Motivationsschreiben, 2.) einem Lebenslauf, 3.) dem aktuellen Notenspiegel, 4.) einem DAAD Sprachzertifikat der englischen Sprache und 5.) dem Bewerbungsformular der TH Nürnberg für ein Semester an einer internationalen Partnerhochschule.

Daraufhin wurde ich, es war der 15. Februar, vom International Office Informiert, dass ich für meine Wunschuniversität in Seoul nominiert wurde. Nun sollte ich mich noch direkt an der Konkuk University bewerben. Und ich freute mich sehr, als ich auch von dort eine Zusage bekam.

Um mir meinen Traum zu finanzieren, habe ich mich auf das DAAD PROMOS Stipendium beworben (ein, wie es heißt, „Programm zur Steigerung der Mobilität von Studierenden deutscher Hochschulen“). Und tatsächlich eines bekommen.

Dann noch das Warten auf die Unterlagen, für mein Reise-Visa und ähnliches. Die kamen dann Anfang Juni. Dank des digitalen E-Visa Systems im koreanischen Konsulat in Frankfurt verlief alles Weitere super einfach. Auf das Visum selbst habe ich dann nur eine weitere Woche warten müssen und konnte dann gleich die Flüge buchen.

Für alle weiteren Fragen rund um das Thema Kurswahl haben die sogenannten ISVs
(International Volunteer Students) der koreanischen Universität direkt mit uns
Austauschstudenten aufgenommen, um uns zu helfen und uns kennenzulernen. Schon während der vorläufigen Kurswahl, aber auch später, konnten wir dort um Hilfe oder Übersetzungen bitten.

Mit dem DAAD Stipendium und dem Austauschstipendium meiner Hochschule wurden mir die Studiengebühren an der Konkuk University erlassen. Von meinem Stipendium konnte ich mir eine Platz im Studentenwohnheim direkt auf dem Campus, eine tägliche warme Mahlzeit in der Mensa finanzieren. Und auch das Fitnessstudio auf dem Campus.

3. Anreise

Im August kam ich dann in Seoul an. Zwei Wochen vor Semesterbeginn, schon um mich erst einmal im neuen Land und der großen Stadt zurecht zu finden. Erst später zog ich ins Studentenwohnheim der Konkuk University um. Das Straßennetz erschließt sich einem relativ schnell. Aber man erreicht auch alles gut mit Metro oder Bus.

Ich empfehle daher am besten gleich nach der Ankunft am Incheon Airport eine „T-Money“- Fahrkarte zu kaufen, die dort in jedem CU Store  erhältlich ist. Man kann sie in Bus und Subway nutzen und dann immer wieder und sehr einfach mit Automaten an allen Haltestellen mit Geld aufladen. Die Karte kostet einmalig beim Kauf etwas und kann beliebig lange genutzt werden. (Kreativer Design-Studierenden-Tipp: An der Haltestelle Digital Media City in Seoul kann man sich seine Fahrkarte mit eigenen Bildern bedrucken lassen.)

4. Das Campus-Leben

Auf dem Campus lebt man als internationaler Student im zentral gelegenen International House, das nach Geschlechtern getrennt ist. Ob im Wohnheim der Frauen oder dem der Männer immer teilt man sich einen Raum zu zweit. Ich hatte das Glück, eine sehr nette und hilfsbereite Zimmergenossin aus den Niederlanden zu haben, was meinen Aufenthalt sehr angenehm gemacht hat.

Ausgestattet mit dem Nötigsten, einem Schreibtisch, einem Bett und einem Kleiderschrank. Das Bettlaken wird gestellt, Kopfkissen und Decke muss man sich jedoch selber kaufen oder kann sie sich im Housing Office für ein Semester mieten. Ich entschied mich für die günstigere Variante mein Bettzeug zu mieten, jedoch findet man direkt neben der Universität den „E-Mart“ in dem man so ziemlich alles kaufen kann, von Bettzeug bis hin zu Lebensmitteln, Hygiene- oder Putzartikeln.

Ein Badezimmer, einen Kühlschrank und einen Wäscheständer findet man ebenfalls im Zimmer. Sowie einen Wasserspender auf dem Gang. Im Erdgeschoss gibt es einen großen Raum mit Waschmaschinen und Trocknern und eine Ecke mit Mikrowellen, um sein Essen aufwärmen zu können. Eine richtige Küche gibt es leider nicht.

Typisches Mensaessen

Die Mensa und das Mensaessen fand ich überraschend gut. Täglich konnte man zwischen einem koreanischen und einem westlichen Gericht wählen und die Speisen wurden immer frisch zubereitet. Von Bibimbap und Bulgogi lernte man dort ziemlich alle koreanischen Gerichte kennen und wurde gut satt.

Auch für Vegetarier war immer etwas dabei. Warme Suppe und Kimchi (traditionell zubereiteter Kohl) konnte man sich immer zum Hauptgericht kostenlos dazu holen. Die Mensa, ein Fitnessstudio, einige Restaurants, Cafes und ein kleiner Convenience Store liegen zudem direkt vor dem Wohnheim, was äußerst praktisch ist.

Vom Campus aus sind es gerade mal zehn Minuten zur „Konkuk Station“, von welcher aus man nur zwanzig Minuten in die Viertel Gangnam oder Hongdae braucht.

Der Campus:

5. Kurse

Wie bereits meine Vorgänger hatte auch ich Probleme damit, belegbare Kurse zu finden und mich in diese einzuschreiben.

Das International Center der Konkuk University gibt sich zwar die größte Mühe, alles verständlich zu gestalten und organisiert einem auch einen Study Buddy, der mit einem die Anmeldung durchgeht. Dennoch gestaltete sich der Prozess der Kursanmeldung etwas schwierig, da alle Websites nicht  Englisch sondern Koreanisch waren. Ein Problem war unter anderem, dass nur wenige Kurse auf Englisch unterrichtet werden. Aus diesem Grund bin ich mit meinen Studienkoordinatoren der TH Nürnberg so verblieben, dass wir erst im Nachhinein
klären, welche Kurse und Design-Projekte mir von der Konkuk University anerkannt werden.

Da es auch mein Hauptmodul Film nur auf Koreanisch angeboten wurde, wählte ich noch einen koreanischen Sprachkurs, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern und einen weiteren Kurs über die Koreanische Kultur. Beim Zurechtfinden auf den Universitätsportalen benötigte ich meist einen Study Buddy oder eine koreanische Freundin, welche mir beim Übersetzen half.

Neben den normalen Kursen werden auch noch spannende Freizeitclubs angeboten, bei denen man die Chance bekommt, neue Leute, auch koreanische Studierende kennenzulernen und seine Sprachkenntnisse zu verbessern. Ich besuchte gleich drei davon: den Art-, Photography und International Friends Club. Aus eigener Erfahrung kann ich das sehr empfehlen, da ich dort nette Menschen kennengelernt habe und wertvolle Freundschaften schließen durfte . Zudem veranstaltete die Universität einen Filmwettbewerb zum Thema „My Konkuk Exchange Expierience“ , an dem ich teilnahm und bei dem – erfreulicherweise – mit meinem Dokumentarvideo den zweiten Platz gewann. Hier kann man es übrigens sehen.

6. Freizeit

Yonsan Hike

Die Stadt schillert nur so vor bunten Farben, neuen Eindrücken und wartet darauf entdeckt zu werden.

Seoul, die Hauptstadt Südkoreas vereint hochmoderne Architektur mit Pop-Kultur und buddhistischen Tempeln und Paläste mit Straßenmärkten. An jeder Ecke gibt es etwas Neues zu entdecken.

Auf jeden Fall sehenswert ist der futuristische Dongdaemun Design Plaza, eine geschwungene Kongresshalle mit einem Dachpark, an welchem oft Design- und Nachtflohmärkte stattfinden.

Changdeokgung Palast

Und dann …  die Geschichte. Etwa  Geongbokgung. Ein Palast, der einst über 7.000 Räume zählte. Oder der Changdeokgung Palast, der noch aus der Joseon-Dynastie stammt und  von der UNESCO als Weltkulturerbestätte aufgenommen wurde.

Mit der Subway oder dem Bus kommt man überall hin und die Stadt bietet an jeder Ecke Freizeit-Möglichkeiten. Besonders empfehlenswert sind  die Bezirke Gangnam, Hongdae, Itaewon und Hannam-Dong. Wo man auf außergewöhnliche un, kreative Cafes trifft. Dort kann man  auch in Ruhe lernen oder sich auf anstehende Klausuren vorbereiten. Was in Korea so  üblich ist.

Hanok Village

Um mal vom Lernstress – oder in meinem Fall: den Filmprojekten – den Kopf frei zu bekommen, bieten sich der Han River oder der Seoul Forest für einen Spaziergang an, auch weil sie nahe an der Konkuk University liegen.

Empfehlenswerte Wochenendausflugsziele sind Busan, Daegu, Jeju-Island, Jebudo und noch viele mehr.

Für Wanderfans wie mich, gab es die Yonsan Wanderroute oder den Bukhansan Mountain, den wir während eines Tagesausflugs bestiegen.

Konkuk University Area mit Bars und Restaurants

Direkt neben der Universität gibt es das gleichnamige Studentenviertel Konkuk University, in dem am Wochenende viele Studierende feiern gehen. Wo es ansonsten aber auch äußerst billiges Essen und Unterhaltung wie z.B. Karaoke-Bars, PC- oder Brettspiel-Cafés gibt.

Gwangjang Market

7. Tipps und Ideen?

Sonstige Tipps für das Leben in Seoul?

Alle Busrouten sind bei Google Maps eingezeichnet – Ich empfehle Naver Maps oder Kakao Maps als Navigation – Die Transportkarte aus Seoul gilt auch in Busan und anderen Teilen des Landes – Züge kann man direkt auf „Korail Booking“ buchen – Preise für Taxifahrten sind in Südkorea wirklich erschwinglich – Der Flughafen Incheon ist am schnellsten mit dem Airport-Bus zu erreichen/Haltestelle nahe Konkuk University – Bei Daiso und Emart direkt neben dem Campus ist alles deutlich billiger als in dem Convenience Store. usw. usw.

8. Fazit

Was bleibt? Ein Fazit vielleicht. Zusammengefasst habe ich in meinem Auslandssemester in Seoul so viele positive Erfahrungen gemacht, mich in meiner Persönlichkeit weiterentwickelt und viele neue koreanische Freunde und solche aus aller Welt gefunden. Ich habe eine sehr schöne, lehrreiche und inspirierende Zeit verbracht, von der ich viel für mein Designstudium, besonders auch für mein Modul Film und Animation, und meine Zukunft insgesamt mitgenommen habe.

Der Einblick in eine fremde Kultur, ist unbezahlbar. Weshalb ich es nur jedem empfehlen kann, ein Auslandssemester in Erwägung zu ziehen. Gerne auch eines in Südkorea.

Text: Anna Sofia Geissler – Einleitung: Giuseppe TroianoFotos: Anna Sofia Geissler

 

30. April 2020