Design und Wissenschaft
Gestaltung und Wissenschaft? Oder: Wie wichtig sind die Brückenschläge zwischen künstlerisch-kreativen Ansätzen und der Forschung … auch und gerade an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften, wie der TH Nürnberg?
Warum es (dringend) Designforschung braucht
Forschung bedeutet Verstehen. Und auf dem Laufenden zu bleiben. Sie hilft der Praxis. Und: Sie ist eine Bedingung für Innovation.
Das gilt Erstens für jede Angewandte Wissenschaft, Zweitens für Medien und Design in toto.
Design bedarf der Forschung. Je komplexer die Welt und ihre Zusammenhänge, desto mehr. – Denn Design und Medien verändern sich ständig. Sie werden verändert. Wir verändern sie. … Das hat Ursachen. Viele sogar. Entwicklungen in den Bereichen Technik und Medien. Aber auch solche in Wirtschaft und Gesellschaft. Kultur wandelt sich und wird von uns mitgestaltet. Und: Es gibt komplexe Wechselwirkungen zwischen all diesen Bereichen.
So wandeln sich Ästhetik und Anwendungen, Zwecke und Funktionen, aber ebenso Werte und Ziele von Gestaltung. Und man kann sagen:
Was heute von Design und Designer*innen erwartet wird, ist mehr; und einiger Hinsicht anderes, als noch vor Jahren oder gar Jahrzehnten.
Inhalte der Design-Lehre stehen in der Gefahr zu veralten. Und den teils disruptiven Veränderungen von Berufs- und Themenfeldern nicht mehr zu entsprechen. Hier hilft nur der Austausch mit Unternehmen, mit Vertreterinnen und Vertretern der Praxis, genauer: informelles und bereits formalisiertes Wissen, Einblicke und Verständnis, das Aufspüren von Trends und Tendenzen. Sowie das Experimentieren mit Neuem. Kurz: Forschung.
Schon das bietet genug Gründe, sich mit dem zu befassen, was Design ausmacht: Gerade jetzt. Aber auch in Zukunft. Was keineswegs dasselbe sein muss.
Fragen und Methoden der Designforschung
Denn: Was waren und sind die Aufgaben des Designs und seiner Medien? Was ist überhaupt Gestaltung? Was soll und kann sie leisten? Was sind die Bedingungen für und die Möglichkeiten von Kreativität? Was wären überzeitliche und zeit-abhängige Qualitäten von Design? Was sind mediale Charakteristika? Gibt es neue?
Was waren und sind die Themen des Designs? Was seine Inhalte und Geltungs- und Handlungsbereiche? Was sind seine ökonomischen und ökologischen Auswirkungen? Wie wurden und werden welche Wirkungen erzielt? Und wie können sie in Zukunft erzielt werden? Wie verhalten sich Prozesse und Produkte zueinander? Wo verlaufen die Grenzen zwischen Kunst und Design? Und was sagt das über beide Sphären? Welche Rolle spielt die Distribution von Gestaltetem? Und wie wirkt sie zurück auf das, was machbar ist? Was verändert sich durch technisch gestütztes Design? Welches Selbstverständnis und Berufsethos leitet sich aus alledem ab? Von welchen Wissenshorizonten sprechen wir hier? Von welchen Notwendigkeiten?
Und letztlich: Was bedeutet das für eine möglichst zukunftssichere, oder wenigstens zukunftsoffene Ausbildung?
Was hat sich geändert? Was wird sich (wahrscheinlich) ändern? Vielleicht auch, aber das übersteigt die Forschung in Richtung einer Debatte: Was kann und sollte sich ändern?
So wird an der Fakultät Design der TH Nürnberg geforscht. Und das schon seit langem – zu ganz vielen Themen und in unterschiedlichen Formaten, mit der Nähe zu und einer Referenz auf viele Wissenschaften, ihre Erkenntnisse und Methoden:
Kunsthistorisch, kultur- und medienwissenschaftlich, mit qualitativen Interviews oder Mitteln der Bild-Recherche, der Auseinandersetzung mit Objekten und Medien sowie der Sammlung. Überdies eröffnen Literatur und Archive neue Themen und Horizonte.
Auf einen Gegenstand blickt das Know-how von Informatikerinnen und Informatikern, ein anderer benötigt Elemente der Kommunikationswissenschaft oder Vorarbeiten der Sozialforschung, ein dritter bedarf vielleicht eines Zugriffs aus der Begriffsgeschichte, aus Linguistik oder Philosophie. Und wenn etwa von Wahrnehmungspsychologie und Wirkungen von Gestaltung die Rede ist, sind auch Physik, Physiologie, Psychologie und Neurobiologie nicht weit.
Diese Interdisziplinarität übrigens ist dem Design und damit auch der Designforschung inhärent.
So verweist man auf, erringt und beweist man Expertise, schafft und bündelt man Expertenwissen. Fördert einen – wenn möglich – globalen Überblick, analysiert Medien und Trends … und stellt zudem noch Versuche an, ganz im Sinne Ästhetischer oder Künstlerischer Forschung.
Auch die Lehrforschung wird hier vorangetrieben, also: wissenschaftliche Arbeit unter Einbindung und mithilfe von Studierenden. Die schon Lernenden die Option gibt, an Wissenschaft teilzuhaben. Die aber auch die Ansätze und Sichtweisen neuer Generationen mit aufgreift.
Forschungsinteressen an der Fakultät
Hier ein paar Elemente, die noch längst nicht alle Forschungsinteressen an der Fakultät abdecken, aber doch einige Schwerpunkte, Gemeinsamkeiten und Zusammenhänge vermitteln können …
- Kreativität – als Basis jeder Gestaltung
- Wahrnehmen – und Wahrnehmungspsychologie
- Grafikdesign – auch von den Rändern her denken
- Fotografie – Licht zwischen Geschichte und Zukunft
- CGI – als „Virtuelle Fotografie“
oder „Volume Photography“ - Film – und darüber hinaus:
zu Trans Media-Angeboten,
Augmented und Virtual Reality,
sowie Mixed Reality Experiences - Die akustische Dimension des Designs –
Sound, Musik und Bild - Digitales – unterstützt die Didaktik
von Blended Learning über den Verleih von Equipment,
bis zu einem Virtuellen Studio - Zwischen Künstlicher Intelligenz und Kreativität
- Neues Internet und besseres Social Media
- Objektdesign – digital, analog und zurück
- Nachhaltigkeit – in Themen
und Objekten der Gestaltung - Veränderungen der Arbeitswelt in Design und Medien –
und Folgen für die Ausbildung - Medien der Reflexion –
eigene Zugänge zu
Designforschung
und Transfer
Dazu im Folgenden ein paar Beispiele …
Kreativität – als Basis jeder Gestaltung
In einem mehrjährigen, von der STAEDTLER-Stiftung unterstützten Projekt untersuchte Prof. Burkard Vetter kreative Prozesse und den Umgang mit Kreativität, aber auch hohe Erwartungen und Blockaden. Denn:
„Wie kommen Ideen, warum lassen sie manchmal auf sich warten und was tut man, um sie wieder fließen zu lassen?“
Im Zentrum standen Werkstattgespräche mit Autor*innen und Gestalter*innen zu insgesamt fünfzehn Frage-Komplexen. „Als Kronzeugen ihres eigenen Tuns berichten sie von positiven wie bitteren Erfahrungen und Einsichten, aber vor allem vom schöpferischen Vorgang des Schreibens und Gestaltens an sich – von der ersten Idee zum fertigen Werk.“ So lautet der Titel eines Buch, das das Projekt dokumentiert, denn auch folgerichtig: „Idee Werk. Prozesse literarischen Schreibens & ästhetischen Gestaltens“.
Felicitas Amler schrieb zum Erscheinen des Sammelwerks in der Süddeutschen Zeitung …
„… Seiten voller Eindrücke und Erkenntnisse über schöpferische Begabung, Talent, Kreativität und Kunst. Lesern, die selbst nicht sprachlich oder gestalterisch Kreative sind, eröffnen sich Einblicke in eine unbekannte Welt. Jene, die selbst mit Wort oder Bild arbeiten, werden zu produktiven Vergleichen eingeladen. … Faszinierende Gesprächspartner, die bei vielen Unterschieden doch allesamt nachdenkliche, leidenschaftliche, selbstbewusste Künstler sind. Die kluge Struktur des Buchs macht es leicht: Man kann erst einmal blättern und querlesen, Illustrationen begutachten und einzelne Künstler-Viten studieren, liest sich dann aber doch überraschend schnell in den Antworten zu allen 15 Schwerpunktthemen fest. Am Ende steht ein tief empfundener Respekt vor allen kreativ Arbeitenden.“
Begleitend gab es während des Forschungszeitraums Workshops mit Studierenden – und an seinem Ende noch ein internationales Symposium im Germanischen Nationalmuseum (GNM) mit dem Titel: „Bildnerisches Gestalten und kreatives Schreiben in der Entwicklung des Menschen“.
Wahrnehmen – und Wahrnehmungspsychologie
Wie Wahrnehmung zu gestalten wäre – und dahinter: Wie Wahrnehmung überhaupt funktioniert – das ist ein ganz zentrales Thema von Design. Und hier zeigt sich auch schon, dass Impulse zur Forschung nicht immer von Professorinnen und Professoren kommen müssen.
Setzen hier doch auch Studierende und Dozierende Maßstäbe in der Auseinandersetzung mit diesem Themenfeld:
Etwa eine wissenschaftlich besonders valide Studierendenarbeit, nämlich Peter Meyerhöfers Bachelor-Arbeit „EINE ZEHNTEL“ (ein paar Elemente und Experimente finden sich auch im Netz)…
… und der Hintergrund eines Lehrbeauftragten, Dr. Rainer Rosenzweig. So hat Rosenzweig beispielsweise das Museum „Turm der Sinne“ mitentwickelt, mehrere Symposien zu Sinnen, Wahrnehmung und Gehirn veranstaltet, eine ganze Reihe von Büchern dazu herausgegeben und sich obendrein noch um den Transfer, das heißt hier, die allgemeinverständliche Darstellung dieser Fragestellungen verdient gemacht.
Grafikdesign – auch von den Rändern her denken
Siedeln Themen wie Wortbilder und Handschrift im Zentrum des Grafikdesigns? Eher nicht. Und doch sind gerade durch sie wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen.
Denn hier lassen sich Muster und Strukturen von Gestaltung klären, Vorbilder und Inspirationen vermitteln, die oft fließenden Grenzen zwischen Kunst und Design betrachten, oft verblüffende Wirkungen besprechen und letztlich die Veränderungen durch die Digitalisierung thematisieren.
In diesem Sinne hat Prof. Peter Krüll mit „Ping Pong. Wortbilder““ und „bilderschreiben. Challenging Calligraphy“ zwei Standardwerke des Grafikdesigns und der Typografie vorgelegt, die das Design weltweit in den Blick nehmen. Seine Beispiele haben ganz unterschiedliche Kontexte und Anwendungen, stammen von wichtigen Künstlerinnen und Künstlern, sowie Gestalter*innen aus vielen Kulturen.
Und das schlägt selbstverständlich Brücken in die Praxis. Denn: „Das Wortbild ist die spielerisch konzeptionelle Vorstufe zur Wortmarke, dem Grundbaustein des Corporate Designs“ und „bilderschreiben“ zeigt „wie vielschichtig das Thema rund um die „Handschrift“ bzw. das „geschriebene“ Bild ist.“
Fotografie – Licht zwischen Geschichte und Zukunft
Der Bildwissenschaftler Prof. Dr. Christoph Schaden ist von Hause aus auch Kunsthistoriker, mittlerweile noch: Foto-Historiker. In Wahlpflichtfächern, in Pflichtfächern höherer Semester, als Impulsgeber in der Modullehre von Foto, CGI und Illustration und als Betreuer bestimmter, oft stärker konzeptioneller Arbeiten vermittelt er Recherche und Hintergründe, Transfer- und Überblickswissen, sowie Analysemethoden. Seine Arbeit an der Fakultät steht aber auch für Theorie-Elemente und bildwissenschaftliche Forschung.
Seit Jahren schon beschäftigt er sich mit einer großen Arbeit zur „Entwicklung der Farbfotografie in der Bundesrepublik Deutschland“, die ihm nicht nur viele Kontakte in die gesamte deutschsprachige Fotoszene eröffnete, sondern auch an grundsätzliche Fragestellungen heranführte, wie technische Möglichkeiten auf Ästhetik, Anwendungen und Wirkungen durchschlagen, wie und warum sie aufgegriffen und nutzbar gemacht werden. Das zeigt auch, wie wenig abgeschlossen Designgeschichte – hier: Fotogeschichte – gegenüber Fragestellungen ist, die sich eher mit der Zukunft befassen. Geht es doch sehr oft darum, wie sich neue Techniken durchsetzen und Veränderungen von Medien wahrgenommen und aufgegriffen werden.
Dieser Zusammenhang von Geschichte, Gegenwart und Zukunft zeigt sich auch in drei weiteren Projekten Schadens, die jeweils in Ausstellungen und Ausstellungskatalogen gipfelten – und Auswirkungen auf das Interesse und die Arbeiten von Studierenden hatten.
Zusammen mit Günter Derleth beschäftigte er sich für „Ein Gramm Licht“ mit „alten Verfahren in jungen fotografischen Bildern“, also: mit analogen Techniken aus der Anfangszeit der Fotografie, die jetzt, im 21. Jahrhundert und gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung wieder aufgegriffen und auf eine neue Weise eingesetzt werden.
In „bilderstrom“ einem Ausstellungsprojekt zum Rhein, als Bild-Motiv durch die Geschichte, widmete sich Schaden mithilfe von Fotografien aus zwei Jahrhunderten einer „Europäischen Flussbiografie“ – und damit auch der Reibung zwischen Bild und Motiv, Objekt und Topos.
„Seit Beginn der Bildproduktion ist der berühmteste aller europäischen Flüsse ein Motiv, das in zahlreichen Gemälden, Zeichnungen und Stichen Verbreitung findet. In ihrer Summe erzeugen und modellieren die Rheinbilder kollektive Vorstellungen, welche die Wahrnehmung des Flusses bis heute prägen. Sie changieren dabei zwischen Zeugnis und Mythos, zwischen Klischee und Kunst. – Der Ausstellungskatalog erkundet die ambivalenten Wechselwirkungen zwischen Fluss und Bild anhand der Fotografie, jenem technischen Verfahren der Neuzeit, das in einem besonderen Spannungsfeld zwischen Wirklichkeitstreue und Sehnsucht nach Imagination steht.“
Schließlich arbeitete Schaden noch an einer bedeutenden bauhaus-Ausstellung (Düsseldorf, Darmstadt, Berlin) mit, die am Ende des bauhaus-Jubliäumsjahres immerhin mehr als 80.000 Zuschauer erreichte. Auch hier der Bezug zur Gegenwart und zur Zukunft, als „Bauhaus und die Fotografie. Zum neuen Sehen in der Gegenwartskunst“. Und zur Lehre: Denn schließlich konnten hier auch Arbeiten von Studierenden aus CGI ausgestellt werden.
Dass und wie Forschung der Lehre zugute kommt, zeigt sich exemplarisch an Schadens Arbeit. So verstärkte er seine Forschungstätigkeit in Sachen Fotobuch und bot zeitgleich ein Wahlpflichtfach zu Bild-Editing an, in dem er neueste Erkenntnisse mit einbrachte. – Dementsprechend hielt Schaden im November 2020 an der Donau-Universität Krems erneut ein Magister-Tagesseminar zum Thema „Fotobuch“.
Und seit demselben Jahr ist er Mitherausgegeber der ESHPh-PhotoResearcher der European Society for the History of Photography (Wien) zum Thema „Reception on Photobooks“. Woraus sich wiederum Kontakte zu KollegInnen und Kollegen aus London, Tokio, Rotterdam und Santiago de Chile ergaben.
CGI – als „Virtuelle Fotografie“ oder „Volume Photography“
Prof. Michael Jostmeier hat das in Deutschland einzigartige Modul CGI aus der Taufe gehoben. Und er hat es stets weiter entwickelt – gerade im Hinblick 3D-Daten für Virtual Reality, aber auch bezogen auf Photogrammetrie.
Das geschah auch in Form von Forschung und Versuchen.
So begünstigte Jostmeier etwa den Einsatz von Scan-Robotern und Drohnen. Jostmeier vertiefte das durch Experimente, in Workshops und Angeboten der Projektwoche („Drohnen über Civitella“). Und er präsentierte die Ergebnisse solcher Versuchsreihen – über Jahre hin – durch Vorträge und Ausstellungen auf einem eigenen Stand der Fakultät Design während der Photokina, der weltweiten Leitmesse der Foto-, Video- und Imaging-Branche.
Im Grunde hielt Jostmeier den Begriff „Virtuelle Fotografie“ als Bezeichnung seines Darstellungsmedium für deutlich zielführender. Umfasste der – seiner Meinung nach – doch besonders gut, die rein-computerimhärenten Gestaltungsmöglichkeiten, aber eben auch das Interesse, die Welt als dreidimensionalen Content aufnehmen und abbilden zu können. Sie gleichsam zu virtualisieren und so völlig neuen Bearbeitungsmöglichkeiten zuzuführen.
Am Ende seiner Amtszeit beschäftigte sich Jostmeier dann noch mit dem Konzept der „Volume Photography“, dass es möglich macht, gleichsam als technischen Normalfall, einfach und schnell, gleich 3D-Daten aufzunehmen. Jostmeier erkannte darin letztlich eine neue Art der Fotografie, einerseits eine Weiterentwicklung, andererseits aber auch eine starke Veränderung des Mediums.
Sein Nachfolger als modulverantwortlicher Professor für CGI, Prof. Manuel Casasola-Merkle, befasst sich nun seinerseits – und zwar schon seit Jahrzehnten – mit neuen Möglichkeiten, dreidimensionale Daten und Texturen aus der Wirklichkeit einzuspeisen, eröffnet aber auch den Weg zu generativen Verfahren. Dabei interessiert er sich, insbesondere für Aufnahmetechniken, Testreihen, den Einsatz von Datenbanken und den computergestützten Zugriff auf diese einmal angelegten Daten- und Bildbestände.
Film … und darüber hinaus: zu Trans Media-Angeboten, Augmented und Virtual Reality, sowie Mixed Reality Experiences
Im Jahr 2016 organisierte Prof. Jürgen Schopper in Kooperation mit der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) München und dem Mediencampus Bayern den international besetzen Animation Day. Hier traten unter anderem die Macher*innen von Star Wars, Game of Thrones oder Wallace and Gromit auf.
Aber diese Fachkonferenz für analoge und digitale Animationsfilme, für Animationstechniken, für Film-CGI und VFX gehörte in einem größeren Rahmen auch zur i4c-Konferenz, die ganz allgemein Kreativität und Digitalisierung, Interaktions- und Gameprojekte, die Verzahnung von virtuellen und realen Räumen und Objekten, Trans Media-Angebote, VR, AR und Mixed Reality untersuchte.
Mittlerweile hat die Fakultät eines eigenes Virtual Reality Lab. Verschiedene Studierendenarbeiten loten die Möglichkeiten von Virtual und Augmented Reality aus. Und die Gemeinsamkeit der Module der Fakultät begünstigt interdisziplinäre Projekte wie Trans Media-Storytelling und Mixed Reality.
Prof. Lucie Scharbatke forscht am Verhältnis von Virtueller Realität, filmischem Storytelling und Medizin, bzw. neuen und zukünftigen Therapieformen, etwa für Trauma- oder Schmerzpatienten. Auch für Digital Imaging spielt Virtual Reality eine größere Rolle, gerade in der Lehre.
Die akustische Dimension des Designs – Sound, Musik und Bild
Film, multimediale Anwendungen, Games und Mixed Reality Experiences leben von sinnlicher Immersion. Und da spielen auch Sound und Musik eine große Rolle. Sound und Musik sind ein Design-Gegenstand, aber auch eine Inspiration für Design. Es wird mit ihnen und für sie gestaltet.
Der große Bereich Sound und Sounddesign zeigt: Neben Professorinnen und Professoren, neben Lehrbeauftragten und Studierenden geben auch Mitarbeiter*innen Anstöße für die Forschung.
So etwa der Medieningeneur der Fakultät Garri Steba, der sich schon während seines Studiums und dann bei der Fraunhofer-Gesellschaft mit Akustik beschäftigte.
Und der Lehrer für besondere Aufgaben, der Sounddesigner und Filmkomponist Steve Wühr, der sich zusammen mit Dolby mit neuen Raumklang-Verfahren befasste, konkret: mit der technischen Implementierung und kreativen Anwendung von Dolby Atmos.
Aufgrund seiner musikalischen Vorbildung brachte Prof. Walter Mehl immer wieder künstlerische Experimente zum Thema Sound und Musik in Projektwochen ein, ob nun im Hinblick auf einen digitalen Umgang mit Komposition und Kompositionstechniken oder in Auseinandersetzung mit so etwas Analogem wie der eigenen Stimme.
Und auch das Forschungs-projekt „Jazz und Design“ von Prof. Peter Krüll und Prof. Max Ackermann hatte mit Workshops zu tun, in denen Sounds das Thema waren. War doch ein Impuls dafür ein gemeinsamer Workshop bei einer Projektwoche. Aber vordem gab es schon eine Tradition an der Fakultät, sich mit Jazz und Improvisation auseinanderzusetzen, so etwa in Form von Festivalplakaten für verschiedene Festivals, aber auch zum Jubiläum der Jazzklasse der Musikhochschule in Dresden. Zudem hatte man bereits mit dem Internationalen Jazzfestival NUEJAZZ zusammengearbeitet. Und danach ergab sich noch die Zusammenarbeit mit der Musikhochschule Nürnberg und dem European Jazz Workshop.
Es werden wohl noch einige Ausstellungen folgen – eine musste wegen Corona leider entfallen – und am Ende wird ein großes Buch stehen, das am Beispiel des Jazz das facettenreiche Gestalten für kulturelle Angebote und das Verhältnis von Musik und Gestaltung überhaupt thematisiert. Denn: Was an Musik und Kultur wird erst aufgrund von Design wahrgenommen? Welche Topoi, welche Images?
Faszinierend sind auch Fragen wie diese: Ist die Kreativität, die nötig ist, um Jazz spielen zu können, mit jener verwandt, die gute Gestaltung braucht? Wie verbinden sich hier Wissen, Theorie und Erfahrung, Praxis und Flow? Ob also gemeinsame Jams in Bands, dem gemeinsamen Kreiieren in Design-Teams entsprechen? Oder auch: Ob Gestaltung zu unterrichten, zumindest in Teilen „gezielter Improvisation“ vergleichbar wäre?
Digitales – unterstützt die Didaktik: von Blended Learning über den Verleih von Equipment, bis zu einem Virtuellen Studio
Auch die Didaktik bedarf der Forschung und des Versuchs, des Experiments und der Entwicklung. Und sehr nah an der Lehre zeigt sich die Forschung, die die Abläufe an einer Fakultät und die Vermittlung von Lehrinhalten verbessern und praktische Übungen erleichtern soll.
Hierzu zählen die Untersuchungen zu E-Learning und Blended Learning von Prof. Tilman Zitzmann, das Programmieren und die didaktischen Experimente mit der „Designers‘ Cloud“. Einem System, das spätere didaktische Interaktionen – etwa im Rahmen der Pandemie – bereits vorwegnahm.
Oder … die Arbeit an einer Verleih-Software für Equiment, federführend durch Alexander Vexler, unseren langjährigen Lehrbeauftragten für Kamera, Licht und Color Grading. Und was zunächst nur wenig nach Forschung und einer echten Unterstützung von Lehre und Designdidaktik klingt, ist doch genau das. Begünstigt dieses – durch langjährige Entwicklung und Erprobung, durch Versuch und Irrtum optimierte – System doch das möglichst reibungsfreie Ausgeben, den verantwortlichen Umgang und die Wartung von oft kostbarer Ausrüstung zur Film- und Medienproduktion. Und schafft damit die Grundlage für viele kreative Projekte. Dass auch andernorts ein großer Bedarf für derlei bestand, zeigt mittlerweile die Anwendung dieser Software an diversen deutschen Filmhochschulen, sowie am Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt.
Prof. Oliver Kussinger erforscht nun die Möglichkeiten, mithilfe von Virtueller Realität die Ausbildung in Digital Imaging (ehedem: Fotografie) zu verbessern: Ziel ist eine Trainingsumgebung für kamerabasiertes Design. Getrieben von der Frage, ob, beziehungsweise: der Not, dass sich die Ausbildung im Sektor der kamerabasierten Gestaltung kaum signifikant verbessern lässt. Und das betrifft letztlich alles, was mit Kameraoptik, Lichtführung und dem Einsatz zugehörigen Equipments zu tun hat.
Hier könnte ein Virtual Reality Photo Studio als Digital Twin helfen. Vollumfänglich und nach der Physik des Lichts richtig. Aber eben ohne all die Belastungen oder Nachteile eines realen Studios. Denn tatsächlich gibt es derer viele. Man denke nur an ganz basales, wie die beschränkte Größe von Trainingsgruppen und die Anzahl der gerade zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze. Manchmal ist nicht genug Equipment verfügbar. Und ein herkömmliches Studio ist nicht immer geöffnet. So fehlt vor allem auch Muße für eine individuelle Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten. Üblicherweise mangelt es an Zeit und Raum für einen unbeobachteten und auch mal experimentellen Einsatz der Kamera- und Lichttechnik, ohne Druck und Unruhe und ohne die Alltagsgefahren im Umgang mit der Studio-Ausstattung, mit Kabeln, Stativen, teuren Objekten und schweren Leuchten.
Zwischen Künstlicher Intelligenz und Kreativität
„Machine Learning“ oder „Deep Learning“, „Algorithmisch unterstützte Kreativität“, „Generatives Design“ etc. etc. Es ist rührend, dass derlei immer noch gleichsam als Science Fiction oder völliges „Neuland” apostrophiert wird, wo es doch längst schon zum Alltag von Designerinnen und Designern gehört.
Was allerdings nicht heißt, dass es dazu nicht noch viel zu forschen gäbe. Denn die vielen offensichtlichen und weniger offensichtlichen Einbindungen und Anwendungen von Artifical Intelligence und computergestützter Problemlösung, von Modellen und Modellierungen, von neuartigen Apps, Plug-Ins, Filtern oder anderen Formen der Varianten-Produktion bieten noch viele Anlässe für ein kritisches Nachfragen und ein Ausprobieren neuer Methoden.
An der Fakultät wurden entsprechende Versuche unternommen, etwa im Sinne eines computergestützten Editorial Designs und des Magazin Layouts (für eine Ausgabe des Magazins auch gut_ – Design und Denken).
Zuletzt ergab sich eine Zusammenarbeit zu „KI und Storytelling“, in einem Projekt des Medieninformatikers Prof. Dr. Bartosz von Rymon Lipinski mit Prof. Dr. Max Ackermann. Dahinter steht die Idee, mithilfe eines „Gamebook 2.0.“-Konzeptes zu KI-basierten Low und No Code Programmier-Umgebungen vorzustoßen, die Designerinnen und Designern vielleicht einmal dabei helfen können, neue Welten und interaktive Geschichten schneller und einfacher zu entwickeln.
In diesem Bereich wird besonders deutlich, wie neue Techniken einerseits die Möglichkeiten des Designs, aber andererseits auch das Selbstverständnis und den Einsatz von Gestalter*innen verändern. Auch aus diesem Grund beteiligt sich die Fakultät Design – und insbesondere Prof. Tilman Zitzmann – am Zentrum für Künstliche Intelligenz der TH Nürnberg (KIZ).
Neues Internet und besseres Social Media
Designer*innen könnten auch dabei helfen, das Internet zum Besseren zu verändern. Hier geht es etwa um Datensouveräntität und die Dezentralisierung von Social Media. Und zwar außerhalb von abgeschlossenen, Systemen, die großen Konzernen gehören, wie Meta oder Google. Und Prof. Tilman Zitzmann, Digital Expericence, befasst sich damit.
Das hat auch zu tun mit der erstaunlichen Renaissance der persönlichen Website und ihrer neuen Vernetzung durch Mikroblogging, aktuelle Feeds und soziale Funktionen, wie beispielsweise dem Reposten von Beiträgen.
Das Schöne dabei: Wird das System einmal funktionieren, wird es niedrigschwelliger sein als andere Alternativen, zum Schutz der Privatsphäre beitragen und kann auch auf älteren, bereits vorhandenen Webseiten verwendet werden.
Backend und Frontend-Neuerungen, das heißt auch Apps, PlugIns und Themes, die die neuesten Web-Techniken implementieren, begünstigen hier eine neue, anders basierte, leicht zu nutzende Infrastruktur, in der viele Schwierigkeiten und Ärgernisse der aktuellen Social Media-Angebote einfach nicht mehr existieren.
Objektdesign – digital, analog und zurück
Ob in Zusammenarbeit mit Werkstoffwissenschaften oder Maschinenbau, einer Firma für Leuchtmitel oder einer für Stifte CGO arbeitete an Problemlösungen, Modellen und Umsetzungen. – Zudem gab es im Sommersemester 2020 ein von LEONARDO, dem Zentrum für Kreativität und Innovation gefördertes Viertsemester-Projekt, den „Digital Chair“. – Letztlich geht es immer wieder darum, wie aus Daten Formen werden.
Ein in dieser Hinsicht vielleicht besonders verblüffendes Projekt war eine Kooperation mit dem Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik I der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Die Fragen dabei: Ob man Rohdaten aus der Forschung eine Gestalt geben kann? Ob sich eine räumliche und objekthafte Umsetzung und Visualisierung von einer bloßen Infografik oder Tabelle unterscheiden? Und welche Auswirkungen das darauf haben kann, wie derlei Daten „gelesen“ und interpretiert werden? Ob also ein anderes oder neues Versinnlichen von Informationen, auch zu einem anderen Umgang mit ihnen führen kann?
Nachhaltigkeit – in Themen und Objekten der Gestaltung
Wie wir mit unserer Umwelt umgehen, wird immer wichtiger werden. Oder hätte schon längst wichtig sein sollen. Das heißt: „Nachhaltigkeit“ ist ein Buzzword – und zugleich eine bedeutsame Aufgabe für die Gestaltung. Denn Design wird ja oft eher mit dem Gegenteil assoziiert, nämlich mit einem Mehr an Konsum. Und das heißt eben auch mit einem größeren Verbrauch an Energie und Ressourcen. Insofern war Design oft ein Teil des Problems und nicht seiner Lösungen.
Auch deswegen unterstützte die Fakultät Design die Gründung und die Bemühungen des Energiecampus Nürnberg:
„… ein Energieforschungszentrum, das neue Technologien für ein ganzheitliches Energiesystem entwickelt. Als unabhängiges Forschungsnetzwerk kooperieren sieben Forschungsinstitutionen aus der Metropolregion Nürnberg in einem Zusammenschluss als interdisziplinärer Think Tank. Gemeinsam mit Unternehmen arbeitet der Energie Campus Nürnberg in Forschungsprojekten, um Lösungen für die Energie von morgen zu entwickeln.“
Mehrere Jahre lang arbeiteten erst Prof. Michael Jostmeier, dann Prof. Walter Mehl dort mit, etwa im Sinne forschungsnaher Daten-Visualisierung, in Stand- und Bewegtbild. Nicht zuletzt ging es darum, welche emotionalen und motivierenden Anteile, die Vermittlung und Aufbereitung von Fakten haben kann und soll. Und: Wie sehr Wissenschaftskommunikation und die Popularisierung von Forschung auch eine Sache des Designs ist.
Nach diesem durchaus anstrengenden Engagement zog man sich 2017 wieder zurück, gewann aber eine ganze Reihe wertvoller Kontakte zu anderen Fakultäten, Instituten und Universitäten. Zudem blieben Nachhaltigkeit und die Rolle des Designs in diesem Kontext auch weiter von Bedeutung.
So entstand eine Bachelorarbeit mit dem Schwerpunkt Verbale Kommunikation – später: ein Buch – von Ann-Kristin Mull, zur Frage „Ist Öko immer gut? Was Welt und Klima wirklich hilft“. Die Autorin unternahm es, weltweit tätige Expertinnen und Experten zu interviewen und damit eine längst überfällige und am Ende auch noch gut gestaltete Zusammenschau zum Thema anzubieten.
In der Folgezeit beschäftigte sich Prof. Yves Ebnöther – in Kooperation mit Prof. Dr.-Ing. Alexander von Hoffmann von Fakultät Elektrotechnik Feinwerktechnik Informationstechnik (efi) – mit der energetisch und gestalterisch wirkungsvollen Miniaturisierung von Leuchtmitteln, von LEDs.
Oder: Er befasste sich in einem größeren Verbund von Forscher*innen mit dem „Auto als Kommunikationsplattform der Zukunft“ und – in einem Studierendenprojekt – mit dem „Auto als Möbel im Stadtraum“. Denn: Was tun mit stehenden Autos, mit Parkplätzen, mit der Rolle des Individualverkehrs in der Stadtentwicklung?
Wie Materialien und Prozesse interagieren zeigt sich denn auch in einem Material- und Prozessarchiv. „Eine haptische Prozess- und Materialdatenbank für die TH Nürnberg, mit einem Schwerpunkt auf digitale und hybride Herstellungsprozesse.“
„Wissen als Grundlage für Innovation: Nicht nur im Zusammenhang mit aktuellem Kreislaufdenken (cradle-to-cradle) scheint ein neuer und sorgfältiger Blick auf die Materialwelt wichtig: gerade auch im Hinblick auf den Innovationsdruck, der auf in einem globalen Kontext agierenden KMU lastet, ist es nicht nur im übertragenen Sinne notwendig, das meiste aus dem Vorhandenen herauszuholen. Es zeigt sich, dass gerade in frühen Projektphasen, wo verschiedene Ansätze geprüft werden, ein niederschwelliger, unkomplizierter Zugang zu Materialmustern, Verarbeitungsproben und Beispielteilen den zündenden Funken für eine elegante Idee liefern kann.“
Und in einem Beitrag in der Zeitschrift Werkspuren zeigt sich, wie interdispziplinäre Forschung im Umgang mit Keramik, alle Aspekte von Gestaltung umfassen und gleichzeitig die Nachhaltigkeit von Fertigungsprozessen vorantreiben kann.
Denn: Nachhaltigkeit mit Kreativität zu verbinden, ressourcenschonendes, soziales und verantwortliches Design waren wichtige Interessen von Prof. Ebnöther, der sich schon vor seinem Engagement bei uns für die internationale FabLab-Bewegung und Maker Spaces einsetzte und sich damit befasste, inwiefern neue Verfahren oder Datentransfers statt Warentransfers die Gestaltung, die Herstellung und den Handel mit Objekten verändern können.
Veränderungen der Arbeitswelt in Design und Medien – und Folgen für die Ausbildung
Hochschulen für angewandte Wissenschaften wollen der Praxis nahe sein. Aber die verändert sich. Das gilt insbesondere für Design und Medien. Interagieren die doch prototypisch mit der Dynamik technischen Wandels, mit wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Prozessen. Wobei sie auch neue Formen und Inhalte hervorbringen.
Im Bachelorstudiengang Design existieren elf gleichberechtigte Module. Und das Modul „Verbale Kommunikation/ Language in Media and Design“ umfasst das weite Feld der Sprache. So fragt das Interview-Projekt „Tell me about that: Sprache in Medien und Design“, wie es um entsprechende Arbeitsfelder bestellt ist. Durchaus mit dem Ziel, Lehrinhalte an die Gegenwart (und Zukunft) anzupassen und rechtzeitig neue Möglichkeiten und Anforderungen auszumachen.
Darum führen alle Studierenden der Verbalen Kommunikation seit dem Sommer 2011, in ihrem dritten Semester, Interviews mit Praktiker*innen, die oft international bekannt und wirksam sind. Nun zeigen Ergebnisse neue Disziplinen, Textsorten, Abläufe und Interdependenzen.
Interviews zu führen, ist schon schwer genug, aber sie wissenschaftlich auszuwerten, ist noch eine andere Ebene der Auseinandersetzung. Was zunächst dem Gestalterischen dienen soll, nutzt nun auch der Forschung, in diesem Falle: Sammlung und methodischer Analyse. Das bietet eine gute Gelegenheit, sich schon einmal mit Wissenschaftlichkeit zu befassen. Das ist hilfreich, wenn Studierende sich dafür interessieren, später einmal theorielastigere Master-Studiengänge anzugehen, aber auch im Hinblick auf die Zukunft der Design-Ausbildung.
Das Projekt ist nicht abgeschlossen. Ist es doch im Grunde als Work in progress angelegt. Aber schon jetzt sind eine ganze Reihe jeweils fünfzehnminütiger Audio-Features bzw. Podcast-Folgen als gestalterische Auswertung zu hören. Und schon jetzt lassen sich hier oft gravierende Änderungen erlauschen, was die Erwartungen von Unternehmen und von Kundinnen und Kunden angeht, die Zugänge und Charakteristika von Jobs und Berufen, veränderte Arbeitsabläufe, aber auch die Entwicklungen ganzer Industriezweige, wie etwa der Games-Branche.
Medien der Reflexion – eigene Zugänge zu Designforschung und Transfer
Die üblichen Formen, Forschungsergebnisse zu publizieren, sind wissenschaftliche Magazine und Fachzeitschriften. Peer-reviewte Verfahren garantieren hier für Qualität. Hier zählen – aus nachvollziehbaren Gründen – vorrangig wissenschaftseigene Kriterien, kollektive Kritik, Fachsprachlichkeit und Terminologie, Erkenntnistiefe und Spezialisierung, Zitierbarkeit, Zitationshäufigkeit und -wertigkeit (Impact). Dahinter steht ein Konzept der Qualtitätssicherung und der Evaluierung, oft auch die Idee, Forschung zu vergleichen und ihre „Relevanz“ zu bestimmen.
Aber wenn Design Forschungsergebnisse kommunziert, dann nicht notwendig auf diesen Wegen, sondern durchaus auch direkt als Wissenschaftstransfer, als Lösungen konkreter gestalterischer Probleme, als Design-Beratung für Unternehmen oder bereits aufbereitet für ein größeres Publikum. Sie fließen also ein in Desigprozesse und -produkte, aber auch in die Lehre.
Wenn Veröffentlichungen zu Forschungsthemen erscheinen, dann meist sehr zugängliche, allgemein verständliche – und im Idealfall auch noch gut gestaltete. Auch Podcasts und Videos können geeignete Kanäle sein, um Forschung zu präsentieren. Und wenn Ausstellungen angesetzt, organisiert oder kuratiert werden, zeigen sich hierin Forschungen in Aktion.
Hier bedingen sich informierte Gestaltung und die Gestaltung von Information.
Auch die Teilnahme an Konferenzen, Symposien und bei Podiumsdiskussionen dient diesem Austausch über Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Design-Sektor. – So hält etwa Prof. Dr. Schaden den Kontakt zur Deutschen Gesellschaft für Designtheorie und -forschung (DGTF). Prof. Ebnöther besuchte eine ihrer Tagungen zum Thema „CIVIC DESIGN. Zur Theorie und Praxis des Sozialen und Politischen im Design“. Und Prof. Sybille Schenker vertrat die Fakultät beim „Hurra Hurra Festival zur Designausbildung im 21. Jahrhundert”, an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle.
Auffällig an der Fakultät Design der TH Nürnberg sind noch zwei weitere, besondere Elemente im Umgang mit Forschung:
Der Designers‘ Circle – eine Veranstaltung der Alumni-Organisation DESIGNVEREIN – vermittelt Studierenden, aber auch Lehrenden schon seit Jahren wertvolle Einblicke in die Praxis und eben auch die Forschung. Als stets fortgesetzte Ring-Vorlesung und Vortragsreihe kommen hier Gäste aus aller Welt zu Wort, die von neuen Aufgaben, Zugängen und Methoden berichten, sich Design zu nähern. So kann – in der Zusammenschau – die gesamte Bandbreite aller aktuellen und gerade relevanten Designdiskurse abgebildet werden.
Und: Hier motivieren auch fakultätseigene und modulübergreifende Publikationen und Medien zur Forschung und liefern eine Plattform, Ergebnisse zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen.
So ein Medium stellt etwa die von Christoph Schaden und Max Ackermann herausgegebene Buchreihe KONWERT dar, die sich mit modulübergreifenden Design-Arbeiten und Fragestellungen auseinandersetzt. Schon zur Publikation des ersten Bandes gab es eine große Ausstellung im Neuen Museum – dem Staatlichen Museum für Kunst und Design.
Zu den Medien der Fakultät zählten früher die Jahrbücher. Heute übernimmt diese Rolle das fakultätseigene Magazin auch gut_ Design und Denken, in dem Studierende neben Lehrenden publizieren und sich mit einigen der wichtigsten Themen des zeitgenössischen Designs auseinandersetzen.
„Zukunft“, „Medien, Design und die Folgen“, „Verantwortung“, „Gutes Design” und „Sinne” hießen die Themenkomplexe der ersten Ausgaben, aber an den Fragestellungen der nächsten vier Hefte wird bereits gearbeitet. Die ersten Impulse dafür kommen jeweils aus Gesprächen im Kreis von Kolleginnen und Kollegen, durch Design- und Medienpraktiker*innen, von Kooperationspartnern, aber ebenso aus der Studierendenschaft.
Und ein Ende der Liste relevanter Themen ist noch lange nicht in Sicht. Denn hier werden Trends aufgegriffen und kritisch untersucht, Meta-Ebenen der Praxis und auch ungewöhnlichere Fragestellungen und Perspektiven bedacht, die dennoch viel zu tun haben mit den großen Weichenstellungen in Sachen Design.
Ein paar Publikationen zu den angesprochenen Themenfeldern
Und hier noch ein paar Veröffentlichungen, nur eine kleine Auswahl, die aber einen ersten Einblick in die Bandbreite, in Themen und Methoden der Forschung an der Fakultät Design vermitteln kann …
Ackermann, Max: Design verändert – sich, mich, dich und uns. Ein Essay. In: Fakultät Design an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm – Max Ackermann und Peter Krüll (Hrsg.): Jahrbuch 2013 und 2014 der Fakultät Design. Nürnberg 2015, „Nach- und Vorausdenken. Essays aus der Forschung“, S. 215 – 235.
Ackermann, Max/ Yves Ebnöther: future every thing – mit Prof. Ebnöther und Prof. Dr. Ackermann in Nürnberg. Eine Woche über Dinge und Themen, die uns alle angehen, wie technische und gesellschaftliche Veränderungen. 19. Mai – 27. Mai 2017 (= Projektwoche 2017. Ein Angebot der Fakultät Design der TH Nürnberg) – In: Fakultät Design der TH Nürnberg v. 10. April 2017 – Quelle: http://d.th-nuernberg.de/blog/2017/04/future-every-thing/ [vgl. zu Verlauf und Ergebnissen auch https://d.th-nuernberg.de/thema/2017/future-every-thing/…]
Ackermann, Max: Verbale Kommunikation in der Praxis (= Lehrforschung 2018). In: Niels Oberbeck Der Präsident der TH Nürnberg: Lehrforschung der TH Nürnberg 2018/ 2019. Nürnberg 2021 (= Schriftenreihe – Lehrforschung der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm; Bd. 26), S. 12 – 19.
Ackermann, Max: Tell me about that: Sprache in Medien und Design – Verbale Kommunikation in der Praxis (= Lehrforschung 2019). In: Niels Oberbeck Der Präsident der TH Nürnberg: Lehrforschung der TH Nürnberg 2018/ 2019. Nürnberg 2021 (= Schriftenreihe – Lehrforschung der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm; Bd. 26), S. 162 – 165.
„Tell me about that: Sprache in Medien und Design“ [… Talking about Creativity, about Language and Writing, Design and Media …]. Ein Interview-Projekt. Betreut von Prof. Dr. Max Ackermann – Seit Sommer 2011 ff. – Quelle: https://d.th-nuernberg.de/vk/project-type/features/ [vgl. https://d.th-nuernberg.de/vk/spaetere-praxis/ – https://d.th-nuernberg.de/vk/interviewpartner-2/ – https://d.th-nuernberg.de/vk/spaetere-praxis/beteiligte-studierende/ …]
Derleth, Günter/ Christoph Schaden (Hrsg.): Ein Gramm Licht. Alte Verfahren in jungen fotografischen Bildern. Ein Projekt von Günter Derleth und Christoph Schaden – zum 175. Jahrestag der Fotografie – mit fotografischen Arbeiten von Gabriele Pütz, Thomas Bachler, Günter Derleth, Claudia Fährenkemper, Wolfgang Reichmann, Claus Stolz, Jos Schmid, Roland Wirtz, Katia Liebmann, Friedrich Saller, Stefan Sappert, Peter Kunz, Agnes Prammer und Ulrich Frewel. Nach einer Ausstellung v. 1. Oktober bis 30. November 2014 im museum industriekultur, museen der stadt Nürnberg – In Kooperation mit der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, Fakultät Design. Nürnberg 2014 (= Schriftenreihe der Museen der Stadt Nürnberg; Bd. 6).
Ebnöther, Yves: Metamaterial – Digitale Information als Gestaltungsmöglichkeit. Ein Vortrag. In: Akademie der Bildenden Künste Nürnberg v. 25. Oktober 2018.
Ebnöther, Yves: LED Leuchten Design Contest 2018 (= Lehrforschung 2018). In: Niels Oberbeck Der Präsident der TH Nürnberg: Lehrforschung der TH Nürnberg 2018/ 2019. Nürnberg 2021 (= Schriftenreihe – Lehrforschung der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm; Bd. 26), S. 50 – 59.
Friedrich, Marina/ Asuka Grün: ILYR. Ein Projekt das Bild- und Textschaffende zusammenführt. Illustrationen von Marina Friedrich und Asuka Grün. Mit Texten von Emma Braslavsky, Gino Chiellino, Şinasi Dikmen, Sylvia Geist, Thomas Kraft, Kilian Leypold, Vesna Lubina, Philip Maroldt, Ilma Rakusa und Anatol Regnier. Nürnberg 2013 (= KONWERT. Publikationen der Fakultät Design der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm – hrsg. von Max Ackermann und Christoph Schaden; Bd 1.)
Gertz, Corina/ Christoph Schaden/ Kris Scholz (Hrsg.): Bauhaus und die Fotografie. Zum neuen Sehen in der Gegenwartskunst = Bauhaus and photography. New vision in contemporary art [… Does the Bauhaus still contribute to further developments in photographic pictorial languages? What role does the avant-garde photography play for contemporary artists today? At the center of Bauhaus and Photography is the reconstruction of Lászlo Moholy-Nagy’s photography-section at the legendary 1929-1930 Werkbund-exhibition Film und Foto (Film and Photo). For the first time, the Neues Sehen (New Vision) of the 1930s as well as contemporary photographs, sculptures, and video installations enter into a seminal dialogue between the factual exhibition situation and virtual reality. Exhibition held: NRW Forum Düsseldorf, Germany (07.12.2018 – 10.03.2019) / Museum für Fotografie Berlin, Germany (12.04. – 25.08.2019) / Kunsthalle Darmstadt, Germany (29.09.2019 – 05.01.2020) …]. Bielefeld, New York 2019.
Krüll, Peter: Ping Pong. Wortbilder [Das Wortbild ist die spielerisch konzeptionelle Vorstufe zur Wortmarke, dem Grundbaustein des Corporate Designs. Ping Pong zeigt eine Vielfalt von Wortbildern: Klassiker von Herb Lubalin oder Milton Glaser, Arbeiten von Niklaus Troxler, Stefan Sagmeister oder Uwe Loesch und darüber hinaus viele Arbeiten von Design-Studierenden. Mit welchen Mitteln und in welcher Form entstehen Wortbilder oder Wortmarken? Das Buch zeigt, dass mit typografischen Mitteln – vom Detail bis zur Gesamtform – ein hoher Anspruch an Qualität entstehen kann. Der Inhalt bestimmt die Form, die Form interpretiert den Inhalt. Differenzierung – Wahrnehmung und Wirkung, Ausdruck und Ästhetik. – Ping Pong begeistert und macht Spaß – eine Inspiration für die kreative Entwurfsphase einer Wortmarke, eines Typo-Logos – für Designer, Typografen und die, die sich in der Ausbildung dazu befinden.]. Augsburg 2015.
Krüll, Peter (Hrsg.): bilderschreiben. Challenging Calligraphy. Mit einem Essay von Max Ackermann. Mit Arbeiten von: Herbert Achternbusch, Akatre, Atelier Formes Vives, Alice Attie, Honoré de Balzac, François-Marie Banier, Peter Bankov, Fiona Banner, Martine Bertrand, Joseph Beuys, Mila Blau, Anthony Braxton, August von Briesen, Nancy Burr, John Cage, Rebecca Chew, Allesandro De Francesco, Mirtha Dermisache, Christian Dotremont, Eva Dranaz, Michael Dumontier, Heinz Edelmann, Gia Edzgveradze, Neil Farber, Ed Fella, Martin Galton, Yvonne Gargano, Pierre Garnier, Marco Giovenale, Anselm Glück, Grapus, Jon Gray, Christoph Grünberger, Florian und Romano Hänni, Patrick Hartl, Romuald Hengstler, Fons Hickmann, Christian Hundertmark C100, Paul Klee, Peter Krüll, L2M3 Ina Bauer & Sascha Lobe, Gabriel Lalonde, Miriam Londoño, Martino&Jaña, Stefan Marx, Marcello Mercado, Saed Meshki, Joan Miró, Maryam Motallebzadeh, Rudolf Mumprecht, John Bunion Murray, Hiroko Nakajima, Emilio Nanni, Nous Travaillons Ensemble, Hans Ulrich Obrist, JonOne, Yoko Ono, Roman Opalka, Dennis Orel, Peng Peng Klaus Fromherz & Martin Geel mit Gelinda Paganini, Pablo Picasso, Olaf Probst, Guillaume Adjutor Provost, Robert Rauschenberg, Nicholas Rougeux, Gerhard Rühm, SagmeisterWalsh, Yuichi Saito, Stefan Sandner, Shoshu, Manita Songserm, Susann Stefanizen, Strichpunkt Design, Antoni Tàpies, Meliha Teparic, Jean Tinguely, Henryk Tomaszewski, Jouri Toreev, Damien Tran, Niklaus Troxler, Cy Twombly, Ben Vautier, James Victore, Vier5, Robert Walser, Andy Warhol, Jan Willem Welzenis, Daniel Wiesmann, Adolf Wölfli, Barbara Wojirsch, Guoqin Zhu, Zwölf Stefan Guzy & Björn Wiede. Augsburg 2018.
Pommerin-Götze, Gabriele/ Burkard Vetter (Hrsg.): Idee Werk. Prozesse literarischen Schreibens & ästhetischen Gestaltens [Über literarische und künstlerische Schaffensprozesse – Unterschiedliche Wege von der Idee zum fertigen Werk – Werkstattgespräche anhand von 15 Fragekomplexen – Einblicke in die Erfahrungen von je sieben Autoren und Gestaltern/ Illustratoren: Barbara Bronnen, Nora Krug, Daniela Dahn, Knut Marsen, Sinasi Dikmen, Ramona Ring, Akos Doma, Bene Rohlmann, Ursula Krechel, Sybille Schenker, Dejun Liu, Riccardo Vecchio, Yoko Tawada, Rolf Vogt.]. Salenstein 2018.
Rosenzweig, Rainer (Hrsg.): Nicht wahr?! Sinneskanäle, Hirnwindungen und Grenzen der Wahrnehmung. Paderborn 2009.
Rosenzweig, Rainer (Hrsg.): Geistesblitz und Neuronendonner. Intuition, Kreativität und Phantasie. Mit Beiträgen von Gerhard Roth, John-Dylan Haynes, Rainer M. Holm-Hadulla, Tanja Gabriele Baudson u.v.m. Paderborn 2010.
Schaden, Christoph (Hrsg.): bilderstrom. Der Rhein und die Fotografie 2016-1853 (Fotografie, Film) [… Der Rhein ist ein Bilderstrom, und das gleich im doppelten Sinn. Seit Beginn der Bildproduktion ist der berühmteste aller europäischen Flüsse ein Motiv, das in zahlreichen Gemälden, Zeichnungen und Stichen Verbreitung findet. In ihrer Summe erzeugen und modellieren die Rheinbilder kollektive Vorstellungen, welche die Wahrnehmung des Flusses bis heute prägen. Sie changieren dabei zwischen Zeugnis und Mythos, zwischen Klischee und Kunst. – Der Ausstellungskatalog erkundet die ambivalenten Wechselwirkungen zwischen Fluss und Bild anhand der Fotografie, jenem technischen Verfahren der Neuzeit, das in einem besonderen Spannungsfeld zwischen Wirklichkeitstreue und Sehnsucht nach Imagination steht. Über 60 namhafte Fotografen, insbesondere aus den an den Rhein angrenzenden Ländern Deutschland, Frankreich, Schweiz und den Niederlanden , präsentieren ein Spektrum, das von freien dokumentarischen und bildjournalistischen Arbeiten bis zu fotokünstlerischen Positionen reicht…]. Berlin 2016
Zitzmann, Tilman: Designers‘ Cloud – eine Online-Plattform für den Design-Diskus an der TH Nürberg GSO. Dokumentation der Entwicklung und der Einführungsphase. In: DiNa. Didaktik-Nachrichten. DIZ – Didaktikzentrum. Zentrum für Hochschuldidaktik. 11 (2015), S. 7 – 11.
Dank
Außerdem danken wir noch unserem Wissenschaftlichen Mitarbeiter Fabian Bitter, der sich um die Forschung an der Fakultät Design verdient gemacht.
Text: Max Ackermann
Bilder: … aus den Beständen der Fakultät, siehe entsprechende Angaben, – zusätzlich noch: Peter Krüll und der Maro-Verlag, Augsburg, zu CGO von Yves Ebnöther, zu bauhaus und Fotografie das NRW-Forum Düsseldorf, die European Society for the History of Photography, The European Jazz Workshop, zu „Ist Öko immer gut?” von Ann-Kristin Mull, zur Lehrforschung in Verbale Kommunikation von Alexandra Seppel und zur Ausstellungskonzeption für das Neue Museum von Christine Albert.