Eine Ausstellung im Neuen Museum Nürnberg, kuratiert von Bildwissenschaftler, Kunst- und Foto-Historiker Prof. Dr. Christoph Schaden … und The PhotoBookMuseum, Köln

Das Neue Museum zeigt in Kooperation mit The PhotoBookMuseum, Köln, die erste große Fotobuch-Retrospektive des britischen Magnum-Fotografen Martin Parr, Jahrgang 1952.
Und wer meinte noch einmal, ihn einen Helden der Fotografie zu nennen, sei eine Untertreibung?
Parr schaut genau hin. Sein Blick gilt als anthropologisch, seine Bilder als humoristisch und satirisch. Er provoziert, zeigt Wunderliches, Klischees und Hässlichkeiten. Und wie kein anderer weiß er die Absurditäten unserer globalen Freizeit- und Konsumkultur einzufangen.
Ob Armut, Reichtum, Berühmtheiten oder Massentourismus. Parr dokumentiert und deckt auf, und hat einen speziellen Sinn für ganz bemerkenswerte Augenblicke, die (britische) Alltagskultur und die Gedankenlosigkeit des Wohlstands.
Die immersive Gestaltung einer Ausstellung
„Checken Sie ein ins GRAND HOTEL PARR zu einem unvergesslichen Erlebnisaufenthalt! Wir freuen uns auf Ihren Besuch!“ Genau so begrüßt einen diese neue Ausstellung im Neuen Museum Nürnberg.

In einer aufwendigen Inszenierung, angelehnt an das Erscheinungsbild einer Hotelanlage, lädt die Ausstellung GRAND HOTEL PARR ein, die über 200 Fotobücher des Künstlers zu erkunden.
Simone Schimpf, die Direktorin des Neuen Museums, erwähnte in ihrer Eröffnungsrede, dass sie in ihrem Leben ja schon viele Ausstellungen gemacht und betreut habe, aber das hier sei nun wirklich „next level Ausstellungsdesign”.
Ein Parcours durch die unterschiedlichen Räume eines Hotels, wie dem Billard Room, dem Dining Room oder der Fashion Boutique, greift verschiedene Themen aus Parrs Fotobüchern auf. Nicht zu vergessen: die Sea Side View und einen großen Raum zum Lesen.
„The fundamental thing I’m exploring constantly is
the difference between the mythology of the place
and the reality of it. … If you want to read it
you can read it.” (Martin Parr)

Alles hier, jedes Detail, von der Reception, an der übrigens am Eröffnungsabend Martin Parr selber saß, über die plüschigen Teppichböden, die illustrativ tapezierten Wände, den Wagen für das Putzpersonal und das weiße Piano forte lädt ein zu einem Blickwechsel, der eine bizarre Welt zwischen Protz und Kitsch, Vier-Sterne-Luxus und „all inclusive“ aufzeigt und über alle sozialen Schichten und nationalen Eigenheiten hinweg verbindende und kritische Momente findet.
Und wer sich jetzt an Film und Theater erinnert fühlt, hat recht. Denn kreiert hat diese immersiven Parr-Welten der Szenograf Frank Albert, der ja schon ein paar Mal Workshops an unserer Fakultät gehalten hat.
Die erste Fotobuch-Retrospektive eines Künstlers, weltweit
Das Fotobuch im Fokus: Denn Fotobücher spielen für das Werk von Martin Parr eine große Rolle. Viele seiner Bilder hat er speziell für sie gemacht. Und als leidenschaftlicher Sammler und Vermittler hat er das Fotobuch ins Bewusstsein gehoben. So konnte er zeigen, dass es ein faszinierendes Medium ist, das die Fotografie selbst vorangebracht hat.
Denn Fotobücher präsentieren Bilder in bestimmten Zusammenhängen, entwickeln eine eigene Dramaturgie aus Einzelbild und Serie, verbinden das Foto mit Typografie, Grafikdesign und Text. Sie sind Buchgestaltung und ein unverzichtbarer Teil in der Geschichte der Fotografie.
Text: Neues Museum, Max Ackermann
Bild: Nikita Teryoshin für Grand Hotel Parr, The PhotoBookMuseum, 2025