Werkschau Sommer 2020: Diesmal anders – und vor dem Neuen Museum Nürnberg

In diesem Sommersemester 2020, in dem alles anders als gewöhnlich verlief, war auch der Abschied der Bacheloristas ein anderer.

Wie trotzt man Widrigkeiten, etwa: einer Pandemie und schlechtem Wetter? Mit Designideen, einem ausgeklügelten Ausstellungskonzept und Mut zur Lücke. „Mit Abstand“ so das Motto. Wo die Werkschauen der Absolventinnen und Absolventen vorher auf die Ausstellungsräume der Fakultät, gutes Licht und Technik, einen eingespielten Ablauf und Hunderte, manchmal sogar Tausende von Besuchern hoffen konnten, war diesmal alles anders. Etwas kleiner, dafür an einem prominenten Ort, mit Gesprächen unter Regenschirmen – und: dennoch gut.

Nachdem die Hochschule aufgrund der aktuellen Corona-Lage nicht betreten werden durfte, stand die Ausstellung der Bachelorarbeiten lange auf der Kippe. Aber: Sollte das alles gewesen sein? Wollte man wirklich so sang- und klanglos gehen?

So beschlossen die vier Absolventinnen Magdalena Braun, Amy Djuritschek, Corinna Meyer und Hannah Schillai die Veranstaltung auf den Klarissenplatz, vor das Neue Museum zu verlegen. Immerhin passend, ist es doch ein Staatliches Museum für Kunst und Design – und ohnehin eine wichtige Hausnummer, als Anlaufstelle für Veranstaltungen, Vorträge, Lehre und Studierende der Fakultät.

Man kontaktierte das Museum, das Liegenschaftsamt der Stadt, aber auch die umliegenden Restaurants und Hotels – und setzte das Vorhaben am 28. August 2020 um: als fünfstündige Pop-Up-Ausstellung im öffentlichen Raum.

Wind, Wetter und Corona

Das Konzept, mit flexiblen Modulen unter freiem Himmel auszustellen, ging auf. Und das trotz aller Hindernisse. Denn nicht nur Corona und die damit verbunden Abstandsregeln bargen Probleme, sondern auch ein einsetzender Starkregen stellte eine Gefahr für die Veranstaltung dar.

Konnten sich Redner und Gäste unter Pavillons und Regenschirme retten, waren auch die Exponate der AbsolventInnen geschützt, angebracht an vier Gitterkuben aus Baustahlmatten und umgeben von wasserabweisenden Folien. So blieb alles heil und trocken.

Eine denkwürdige Veranstaltung – in jeder Hinsicht

So tat der plötzliche Wetterumschwung der guten Stimmung keinen Abbruch und als der Himmel nach einiger Zeit wieder aufklarte, konnte die Ausstellung fortgesetzt werden.

Nur ein Teil der vielen Arbeiten wurde ausgestellt. Aber was da war, wurde eifrig diskutiert. Denn wieder mal war es ein aufregendes Abschlusssemester, mit einem weit gespannten Feld an Arbeiten, Themen und Medien …

… einer Videodokumentation von Kulturarbeit – einem Ansatz digitaler Medienlehre für die Schule – einer Podcast-Reihe zum Thema „Stimme“ (Sprechen und Singen) – einem Konzeptalbum über das Leben in einer simulierten Welt …

… Bienenwachskerzen für die Hip Hop-Community – einer Arbeit zu Typografie und gendergerechter Sprache – einem Fotobuch über die Vermarktung von Romantik und Liebe – der illustrativen Neuinterpretation einer Kindergeschichte von Hans Fallada …

… einem digitales Kochbuch für Camper – einem „Lernspiel zur Sprach­förderung bei phono­logischen Störungen“ – einer Arbeit über die rätselhaften Vorgänge des Erwachsenwerdens – ein Webangebot für Mütter mit nachgeburtlicher Depression – einem Fotobuch zur generationenübergreifenden Erinnerung Russlanddeutscher – einer CGI-Arbeit zu den monströsen Großbauten der Nationalsozialisten …

… einem kompletten Gestaltungskonzept für ein Festival zwischen elektronischer Musik und Natur – einer App zum besseren Umgang mit Patientenverfügungen – einem lustig-bösen, reich und witzig illustrierten Werk über die vergessenen Frauen berühmter Männer – einer Visual Novel als interaktive Erzählung über Alchemie und Zeitreisen …

… einem Laufbuch für Frauen – coolen Schablonen für das analoge Gestalten im Grafik Design – einem Bilderbuch über das Verhältnis des i zu seinem Punkt – sowie einer Graphic Novel über ein Gefühl der Verbundenheit mit fremden Menschen (d.i. „Sonder“) …

Und so weiter und so weiter. Denn: Design ist immer mehr als man denkt.

Trotz alledem

Es waren dann doch eine ganze Menge Besucher gekommen. Zum Publikum gehörten sowohl bekannte Gesichter aus dem Studierenden- und Professorenkreis, als auch Neugierige und Schaulustige, die über Social Media auf das Event aufmerksam geworden waren oder bei einem Streifzug durch die Innenstadt vorbeikamen.

Bis in den Abend, bis 20:00 Uhr konnte die Ausstellung besucht werden, dann wurde gemeinsam abgebaut und der Klarissenplatz wieder vollständig geräumt. – Was blieb, war eine gute Erinnerung, der fröhliche Trotz, auch schlechten Umständen, noch etwas Gutes abgewonnen zu haben. Und der Stolz auf die Initiative.

Text: Hannah Schillai, Giuseppe Troiano und Max Ackermann
Bild: Andrea Holzner, Annika Eichkorn, Henrik Stelter, Kevin Illauer, Frank Seith, Rebecca Glas – und das Plakat aus dem curt-Magazin

 

 

 

15. September 2020