In ihrer Fotostrecke „Signal fatal“ beschäftigt sich die Fotografin und Designstudierende Marion Hammer mit (Verbots-)Räumen. Denn welchen Raum markiert ein Absperrband? Warum ist es da? Und verstehen wir, was uns das sagen soll?
Gefahren im Alltag – Überall lauert was
Unser Alltag steckt voller Gefahren: der rutschige Boden, der gefährliche Straßenverkehr oder die heiße Herdplatte. Zum Glück gibt es Warnzeichen und Signale aller Art, die uns davor bewahren sollen. Da schützen uns Sicherheitsventile, Geländer oder Airbags, aber eben auch Ampeln, Schilder und andere Orientierungshilfen.
Doch manchmal gibt es Situationen, in denen schnelles Handeln erforderlich ist. In diesen Fällen greifen wir auf einen Gegenstand zurück, den man überall kaufen kann und der sehr leicht zu verwenden und meist auch leicht zu verstehen ist. Die Rede ist vom Absperrband, .. „aus PE, auf Rolle, rot/weiß schraffiert“.
In vielen Fällen ist es unverzichtbar: Mal warnt es uns vor Fallgruben und Abgründen, vor offenen Gullydeckeln, frischem Beton oder Teer, mal schützt es Gegenstände und Areale vor unbefugtem Betreten: „Rasen, frisch angesät“ oder „Vorsicht, Minen!“
Ein Band als Rätsel
Doch manchmal ist es gar nicht so klar, vor was da eigentlich gewarnt wird. Und warum? Sei es dadurch, dass der Wind das Band an einem Ende gelöst hat, oder durch die absurde Art und Weise, wie und an was es angebracht wurde. Dann wird es plötzlich zum „Signal fatal“. Und wir stehen nachdenklich vor den abgegrenzten Räumen und fragen uns, auf was hier hingewiesen werden soll. – Die Fotografin Marion Hammer hat sich mit diesem Alltagsphänomen auseinandergesetzt und eine Fotostrecke mit dem Titel „Signal Fatal“ erstellt, die im November 2019 im ZEITmagazin erschienen ist.
Schranke rot-weiß als Art fatal
Hammers Bilder zeigen, dass sich ein genaueres Hinschauen lohnt. Denn die durch das Absperrband geschaffenen Verbotszonen zeugen auch von einem gestiegenen, vielleicht sogar übersteigerten Sicherheitsbedürfnis. – Im Text zur Bilderstrecke heißt es denn auch …
„Wer in Deutschland etwas absperren will, der benutzt dafür flatterndes rot-weißes Plastikband. Es gibt kaum etwas, das man nicht damit behängen könnte: Besenstiele, umgefallene Schilder, kaputte Parkbänke, Bushaltestellen, eingefallene Wände, Grabmäler, Pfeiler, Spielplätze, Böschungen, Hydranten, Autos, Bäume.“
Eines steht in jedem Fall fest: So entstehen neue Orte, die viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen und für einen Moment zum Innehalten, Schmunzeln oder Stirnrunzeln einladen.
Verstärkt durch die Signalfarbe Rot sprechen die Bänder ureigene Instinkte an und wir reagieren darauf, ganz unbewusst. Vielleicht denken wir auch nach, – über uns, unsere Mitmenschen und unsere Kultur.
So sind ausgerechnet Absperrbänder höchst interessante Phänomene unserer Gegenwart, die sich einer eindeutigen Einordnung entziehen. Denn: Sind das Designgegenstände oder verkörperte Fehler? Hypertropher Bänderwahnsinn? Rauminstallationen oder Readymades, also ästhetisch aufgewertete Alltagsgegenstände? Sind das Signale mit Eigenwert? Haben sie sich verselbstständigt? Was machen sie mit dem öffentlichen Raum? Und was sagen Sie über Denken, Haltung und Mentalität einer Gesellschaft?
Text: Giuseppe Troiano, Fotos: Marion Hammer