„SHIFT happens“ – unter diesem Motto präsentierten sich die Absolventinnen und Absolventen des Wintersemesters 2019/2020. „Shift happens“ … Veränderungen passieren … Und die Shift-Taste auf einem Computer-Keyboard stellt von „Klein“ auf „Groß“. Das steht symbolisch für die Entwicklung, die die Studierenden die letzten Jahre über durchgemacht haben. Jetzt sind sie reif für neue Veränderungen, auch für Arbeitswelt und Verantwortung.
Zu sehen gab es auch diesmal wieder alle Arten von Abschlussarbeiten, Apps und Virtuelles, Fotos und Filme, Illustrationen und Comics, Texte, Magazin- und Buchgestaltung, Werbung, Corporate Design und Visualisierungen, Objekte, Produkte und Konzepte …
u.v.m.
Hier wurden neue Techniken ausprobiert, Soziales erforscht, Märkte erschlossen, Probleme gelöst und vor allem … kommuniziert.
Gezeigt wurden unter anderem …
- … ein Animationsfilm der Girls in Motion, der alle Artikel aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte thematisiert. Aber dazu später noch ein wenig mehr …
- … ein humorvolles und reich illustriertes Buch über Schönheit („Fülle & Hülle“), das zu mehr Akzeptanz des eigenen Körpers verhelfen soll
- … ein Stop-Motion-Kurzfilm über ein „Zirkusmonster“, das sich bereit macht, die Freiheit zu erfahren
- … ein biografischer Comic über „Scatman John“ – faszinierender Mensch, Eurodance Popstar, leidenschaftlicher Jazzer, Big in Japan und von Geburt an Stotterer mit einer menschenfreundlichen Botschaft für die Welt
- … und – anlässlich der Bewerbung zur Kulturhauptstadt – ein Podcast, über das doch relativ geringe Ansehen von Kreativen in der Metropolregion Nürnberg …
Eine Bühne für die AbsolventInnen
Und weil die Abschlussarbeiten angefertigt wurden, um wahrgenommen zu werden, freuten sich die AbsolventInnen natürlich über Publikum. Und das war reichlich vertreten. Professoren, Ehemalige und aktuell Studierende, stolze Eltern, Freunde, Medienmacher, Agenturchefs, Designer, Filmemacher und Fotografen, Journalisten, Kunstinteressierte und Kulturpolitiker, aber auch Schüler, die sich überlegen, hier zu studieren. Alle konnten sich ein Bild von der Qualität und der Vielfalt der Abschlussarbeiten machen.
Untermalt wurde das Ganze mit elektronischen Beats von Djane Mary Smyk und dem unermüdlichen Einsatz der Fachschaft, die die Besucher mit Getränken versorgte. Zudem konnte man den beeindruckenden Werkschau-Katalog erstehen oder sich mit den Publikationen der Fakultät auseinandersetzen.
Die Themen und Aufgaben von Design sind vielfältig.
Der Studiengang Design an der TH Nürnberg deckt sie mit folgenden Modulen ab … CAST (Audiovisuelle Kommunikation im Internet/Video und Bewegtbild), CGI (Computer Generated Imaging), CGO (Computer Generated Object Design/Virtuelles Produktdesign), Film & Animation, Fotografie, Illustration, Interaktionsdesign, Grafik Design, Raum- und Eventdesign, Typografie und Verbale Kommunikation (Multimediale Sprachgestaltung/Language in Media and Design).
Und hier noch etwas mehr zu ein paar Arbeiten, die zu sehen waren …
„Baby Vision“ – VR-Simulation eines Einjährigen – von Shila Rastizadeh und Joseph Lanzinger
Wie ist es im Bauch der Mutter zu leben? Oder das erste Mal in einem Einkaufswagen zu sitzen? Ab wann kann ein Neugeborenes eigentlich richtig sehen? All das und mehr erlebt man in der audiovisuellen Simulation „Baby Vision“. Ein 360°-Video ermöglicht es dem Zuschauer, mit dem eigenen Smartphone und Kopfhörern, die Entwicklung eines Menschen im ersten Lebensjahr nachzuempfinden. So rufen Rastizadeh und Lanzinger dazu auf, die Welt ganz so zu entdecken, wie es neue Erdenbürger tun. – Die Simulation entstand übrigens in Zusammenarbeit mit LEONARDO – dem Zentrum für Kreativität und Innovation Nürnberg.
„Heiße Wasser “ – Spurensuche als Fotobuch – von Sarah Guber
Erinnerung ist eine heikle Sache. Im Grunde war ihr Großvater ein Fremder für sie. Umso seltsamer ist es, als er ihr ein Manuskript hinterlässt. Und was findet sich darin? All seine Erinnerungen an die Vertreibung der Sudetendeutschen am Ende des Zweiten Weltkrieges. Ist das merkwürdige Manuskript nun eine Botschaft? Eine historische Flaschenpost? Ein Erbe? Ein Auftrag? Verwirrt und bewegt von den Berichten ihres Großvaters sucht seine Enkelin Sarah seine Heimatstadt auf: Teplitz-Schönau bzw. Teplice-Šanov, im heutigen Tschechien. Dort entstehen Fotos, Bilder vom Versuch, eine Verbindung zu ihrem Großvater herzustellen und letztlich zu den Wurzeln ihrer Familie. Die Bilder der jungen Frau und die Texte des alten Mannes treten in einen Dialog.
„Flag it“ – ein Smartphone-App-Konzept für Entdecker – von Florian Sebald
Man muss nicht in die Ferne schweifen, um Neues zu entdecken. Denn: Auch in unserer unmittelbaren Umgebung gibt es spannende Orte. Genau diesen Gedanken greift Florian Sebald auf. Und sein Konzept „Flag.it“ setzt ihn für Mobiltelefone um. Hier können User per Augmented Reality ihre Lieblingsorte kennzeichnen – oder selbst auf Erkundung gehen. Das geht mithilfe von eigens gestalteten Flaggen. Denn „Flag.it“ ist eine Mischung aus Sozialem Netzwerk und einem designverliebten Flaggen-Konfigurator, Empfehlungen, nützlichem Spiel und Kunstinstallation – abhängig von Geodaten und den eigenen Entdeckungen.
„Neue Lust auf alte Sorten“ – ein Guide zur Rettung alter Gemüsesorten durch Anbau auf dem eigenen Balkon – von Sarah Eigenseher
Das Interesse an regionalen und biologisch nachhaltigen Lebensmitteln hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Dennoch verschwinden immer mehr altbewährte Gemüsesorten von der Bildfläche. Auch deshalb, weil sie den Anforderungen des industriellen Anbaus und der Agrarkonzerne nicht gerecht werden. Weiterhin am Leben bleiben diese alten Sorten nur, wenn sie in möglichst vielen Regionen angebaut, geerntet und genossen werden. – Sarah Eigensehers illustriertes Buch „Neue Lust auf alte Sorten“ ist ein Leitfaden dafür. Und das geht einfacher, als man denkt, und sogar auf dem eigenen Balkon.
„Zukunftsmusik“ – ein Buch über die Zukunft der elektronischen Musik – von Matthias Schöllhorn
Künstler spielen Konzerte in virtuellen Welten, die Hologramme verstorbener Stars tanzen um die Welt und künstliche Intelligenzen komponieren Lieder auf Knopfdruck. In den letzten Jahren hat sich vieles im Bereich Musik verändert. Aber wo soll das hinführen? – Matthias Schöllhorns Buch „Zukunftsmusik“ wagt mittels eigener Texte, Interviews und Grafiken einen Blick in die Zukunft. Aufgegriffen werden Fragen wie „Kann eine Künstliche Intelligenz Urheberrechte besitzen?“, „Wie können Musiker in Zeiten von Streaming überhaupt noch Geld verdienen?“ oder „Wie werden wir in Zukunft (elektronische) Musik machen?“
„dieErde.jpeg“ – ein kartografisches Experiment – von Jonas Eberle
So hat man die Welt noch nie gesehen. – Die etablierte Kartendarstellung unserer Welt hat sich in die Köpfe der Menschen eingebrannt. Und sie wird als selbstverständlich hingenommen. Doch was oben liegt, was unten und was im Zentrum steht, ist nicht naturgegeben, sondern das Ergebnis von Geschichte, Politik und Auffassungen, letztlich auch von „Design-Entscheidungen“. Ziel des Experiments war es, mithilfe von Verfremdung und dem Bruch von Sehgewohnheiten, andere Blicke auf die Welt zu eröffnen. Durch programmierte Systeme wurden neue, ungewohnte Weltkarten generiert. Insgesamt entstanden neun Programme. Ihr visueller Output wird in einem großformatigen Buch zusammengetragen, präsentiert und erläutert.
BE HUMAN – Motion Design Filmprojekt zu den 30 Artikeln der Menschenrechte – von Sarah Klostermeier, Nicole Pietruschka und Carmen Sölch von Girls in Motion
Und ausgezeichnet mit dem Preis der Fakultät Design, als hervorragende Arbeit: BE HUMAN. – Am 10. Dezember 1948 wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von der Generalversammlung der UN verabschiedet. Nach den schrecklichen Ereignissen des Zweiten Weltkrieges wollten sie grundlegende und universell gültige Menschenrechte definieren, vereinen und schützen. So entstanden 30 Artikel zu elementaren, sozialen, politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Aspekten, die für ein florierendes „menschliches“ Zusammenleben notwendig sind. „BE HUMAN“ ist ein Filmprojekt, das alle 30 Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte mit minimalistischer, aber emotionaler Gestaltung in Form, Bewegung und Sound darstellt. So soll „BE HUMAN“ dazu beitragen, dass Menschen sich Gedanken über diese Werte machen und sie in ihren Alltag integrieren, fördern und verteidigen.
Aber wann ist eine Ausstellung ein Erfolg?
Das Motto der AbsolventInnen trifft es auf den Punkt: „SHIFT happens“!
Die Studierenden haben in den letzten Jahren einen ganz großen Sprung nach vorne gemacht und sind jetzt bereit für neue Aufgaben. Das sah man den Arbeiten an. Es zeigte sich schon in den Präsentationen, aber auch in den vielen Gesprächen während der Ausstellung.
Und: Design kann einen Shift, also Veränderung herbeiführen und für sie begeistern. Das haben wir durch die Ausstellung gesehen, gehört und erlebt.
Zum Ausklang dann noch eine Bemerkung von Florian Resch, Studierendenvertreter und Mitglied der Fachschaft der Fakultät Design, denn eine gute Feier gehört dazu …
„Nach einer für alle Absolventen und Professoren anstrengenden Woche mit den Kolloquien und Aufbauarbeiten freuten sich alle, dass es geschafft ist. Und es wurde ausgiebig gefeiert, gelacht und getanzt.“
Noch mehr zu Arbeiten und AbsolventInnen findet sich auf der Website der Studierenden zur Werkschau, auf http://ws19.ohmschau.de
Film: Furkan KaraaslanTexte: Sarah Guber, die AbsolventInnen, Giuseppe Troiano und Max Ackermann Bilder: Die AbsolventInnen, Henrik Stelter